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Die deutsche Fahne heißt . . .

Auflösung des Wahrheit-Wettbewerbs: Welchen Namen soll unsere Flagge tragen?

Wer es schafft, diesen Namen fehlerfrei auszusprechen, hat ein Recht darauf, stolz zu sein

Eine notwendige Debatte findet heute ihr gerechtes Ende. Vor einer Woche stellte die Wahrheit eine der drängendsten Fragen der Zeit: Wie soll unsere Fahne heißen? Namenlos flattert sie bislang im Wind. Immer wieder beobachten wir Menschen, die sich vor ihr versammeln und das deutscheste aller Symbole ansprechen wollen, doch nicht wissen, wie. Denn mit Tränen in den Augen müssen sie erkennen: „Du Waisenkind der Nation bliebest unbenannt. Kein Wort der Zärtlichkeit darf unsere Lippen verlassen, nicht einmal ein Kosename ist dein.“ Ein erschütternder Zustand: ohne Name kein Stolz, ohne Stolz nur Leere.

Damit ist nun Schluss. Dank der großartigen Mitarbeit der Wahrheit-Leser, die die Redakteure unter Bergen von Postkarten begruben. Wir sind stolz auf unsere Leser, auch wenn wir sie erst einmal rügen müssen für einige überaus seltsame Vorschläge.

Erstaunlich viele Einsender hatten an den Altkanzler und seine Umtriebe gedacht und daraufhin „Bimbesbanner“ oder „Bimbeswimpel“ ausgewählt, was wir entschieden ablehnen müssen. Kanzler sind Kanzler, und Fahnen sind Fahnen.

Das Gleiche gilt selbstverständlich für den in der christlichen Seefahrt geläufigen Begriff „Adenauer“, auf den viele Leser hinwiesen. Es stimmt, das Schwarzrotgold auf Schiffen wird in der Seemannssprache so genannt, aber wir können doch nicht jedes Mal aufs Meer hinausfahren, wenn wir unsere Fahne ansprechen wollen. Für uns Landratten ist das nix.

Gänzlich ablehnen müssen wir ebenfalls den „Jammerlappen“, der zwar oft genannt wurde, aber eine negative Bedeutung hat. Haben das die Leser denn nicht gemerkt? Fragt sich die Zweimannjury kopfschüttelnd.

Wenig hilfreich war wie immer alles Naheliegende. Sämtliche Varianten des Stolzes wurden von den Lesern durchgespielt: von „Stolzing“ über „Stolztoi“ und „Tuchstolzki“ bis „Overstolz“ und „Always-Ultra-Stolz“. Stolz kommt von innen. Wenn man unsere Fahne derart etikettierte, wüsste man sofort: Das kann kein echtes Gefühl sein. Und darum geht es doch: Gefühle zeigen. Zum Beispiel Hunger. Einer der Grundantriebe von Leserin Katrin Hofmann-Credner offenbar, die sich das schöne „Fürst Pückler“ wünscht und gleich erklärt: „Gold wie Vanille, Rot wie Erdbeere und Schwarz wie Schokolade.“ Nicht schlecht, besser jedenfalls als „Wurstbutterbrot“, was Thomas Sigmann aus bezeichnenderweise Hamm befürwortet: „Schwarzbrot, Rotwurst, Goldgelbe Butter“, macht er die Fahne zur Knifte. Ähnlich hungrig ist auch Lars A. Turczyk aus Frankfurt, der immer nur an das eine denkt: die „deutsche Dreifaltigkeit“ aus „Pommes-Ketchup-angebrannter Bratwurst“. Na dann Mahlzeit.

Kommen wir lieber zu den Preisen. Einen Sonderpreis und damit ein Buch erhält C. Schiebing für die abseitigste Lösung: „Tres Marias“, weil so die „drei Gürtelsterne des Orion“ und fast ein Bild von Marc Chagall heißen. Der dritte Preis und der neue „Touché 2500“ gehen an Norbert Reinl aus Seligenstadt für das knappe „Persiflagge“. Dem ist nichts hinzuzufügen. Den zweiten Preis und eine ©TOM-Tasse sowie den neuen „Touché 2500“ erhält Renate Heugel aus Stuttgart für ihr bramarbasierendes „Bhnbsmbhstnbsrbs“. „Das sind die Anfangsbuchstaben der 16 Bundesländer. Wer es schafft, diesen Namen ohne zu stocken und zu stolpern fehlerfrei auszusprechen, hat ein Recht darauf, stolz zu sein“, schreibt sie und hat vollkommen Recht.

Den ersten Preis allerdings möchten wir, auch wenn die Leser jetzt enttäuscht sein sollten, uns selbst verleihen. Denn kurz vor Redaktionsschluss ist uns endlich der beste Namen eingefallen. Die deutsche Fahne heißt

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