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Erst zahlen, dann parken

Parkraumbewirtschaftung soll bleiben: Verkehrssenator Peter Strieder (SPD) will das Verbot des Verwaltungsgerichtes nicht hinnehmen. Bündnisgrüne fordern die Ausweitung der gebührenpflichtigen Parkzonen auf die gesamte Innenstadt

von RICHARD ROTHER

Verkehrssenator Peter Strieder (SPD) will das Verbot der Parkraumbewirtschaftung durch das Verwaltungsgericht nicht hinnehmen. „Wenn das Urteil eine Verallgemeinerung zulassen sollte, werden wir Widerspruch einlegen“, sagte gestern Strieders Sprecherin, Petra Reetz. Das Urteil liege allerdings noch nicht schriftlich vor. Deshalb sei unklar, ob der betroffene Bezirk oder die Verkehrsverwaltung Widerspruch einlegen werde.

Das Verwaltungsgericht hatte am Freitag die Parkraumbewirtschaftung in Steglitz als rechtswidrig bezeichnet. Die Richter hatten einem Ehepaar Recht gegeben, das wegen unzumutbarer Verkehrsverhältnisse im Viertel geklagt hatte (taz vom 30. 3.).

Reetz befürchtet nun eine Reihe weiterer Klagen. „Es reicht, wenn sich jeder Hundertste einen Anwalt nimmt.“ Man müsse aufpassen, dass das grundsätzlich Richtige nicht weggeklagt werde. Schließlich bringe die Parkraumbewirtschaftung in den Bezirkszentren allen etwas: Die Dauerparker würden vertrieben, die Anwohner fänden leichter einen Parkplatz, auch die Kunden von Behörden oder Geschäften bräuchten nicht lange zu suchen. Zudem habe das Ganze einen verkehrspolitischen Nebeneffekt. Reetz: „Viele meiner Kollegen kommen mit der BVG ins Büro, seit es keine gebührenfreien Parkplätze in der Umgebung mehr gibt.“

Allerdings sind bei der Einrichtung von Parkzonen offenbar juristische Fehler gemacht worden. In vielen Fällen, so auch in Steglitz, sei die Grenze willkürlich gezogen worden, kritisierte gestern der Grünen-Verkehrsexperte Michael Cramer. „Kein Wunder, dass die keine gerichtsfesten Angaben machen konnten.“

Die Ausweisung der gebührenpflichtigen Parkzonen liegt seit Januar in der Verantwortung der Bezirke. Diese behandeln das Thema unterschiedlich. In der Ausgehmeile am Hackeschen Markt in Mitte werden beispielsweise demnächst die Kneipenbesucher bis Mitternacht zur Kasse gebeten; ansonsten stimmen die Gebührenzeiten zumeist mit Ladenöffnungszeiten überein. Unterschiedlich sind auch die Preise: Während am Alex vier Mark pro Stunde fällig werden, sind es ein paar hundert Meter weiter vor der Humboldt-Uni nur zwei. Besucherfreundlich gibt sich die Wirtschaftverwaltung in Schöneberg: Vor der Behörde darf das Auto eine Stunde lang umsonst stehen.

Hintergrund für die unterschiedlichen Regelungen: Angebot und Nachfrage nach Parkflächen bestimmen den Preis – obwohl die Parkzonen laut Gesetz nicht zur Steigerung der kommunalen Einnahmen, sondern nur zur Verbesserung der Verkehrssituation verwendet werden dürfen. Zudem sind die Einnahmen zweckgebunden und dürfen nur für den öffentlichen Raum verwendet werden.

Allerdings gehen die Bezirke – anders als oft vermutet – ein gewisses Risiko ein, wenn sie Parkzonen ausweisen. Sie müssen die Automaten warten und die Überwachung finanzieren, erhalten aber nur das Silbergeld aus den Maschinen. Das Geld, das Strafzettel und Anwohnervignetten bringen, bekommt der Senat.

„Da besteht dringender Handlungsbedarf“, so Grünen-Verkehrsexperte Cramer. Zudem seien die Anwohnervignetten im eurpäischen Vergleich viel zu billig. In Berlin zahlt man 50 Mark im Jahr, in Wien sind es 300 Mark. In Zürich kostet der Parkplatz vor der Haustür mehr als 60 Mark – im Monat. Die Erweiterung der Stadtgebiete, in denen der Parkraum bewirtschaftet und gemanagt werde, komme hingegen in Berlin kaum voran, so Cramer. „Das gesamte Gebiet innerhalb des S-Bahn-Ringes muss bewirtschaftet werden.“

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