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Die kleine Kunst, ein Haus zu kaufen

Nach jahrelangem Streit mit den Eigentümern ist es dem Kulturverein Acud e.V gelungen, sein räumungsbedrohtes Haus in der Veteranenstraße zu pachten. Für die nächsten 50 Jahre kann sich der Verein nun ganz der Basiskultur in Mitte widmen

von DANIEL FERSCH

„Wir bleiben alle!“ steht in großen Buchstaben am Eingang des Kunsthauses Acud in Mitte geschrieben. Und ab heute hat dieser Slogan auch seine Berechtigung. Denn wie der Trägerverein Acud e.V. gestern mitteilte, kann das von der Räumung bedrohte selbst verwaltete Projekt weiter in den bisherigen Räumen arbeiten. Mit der Unterschrift unter einen langfristigen Erbbaurechtsvertrag, die heute vollzogen wird, hat das monatelange Ringen um das Grundstück an der Veteranenstraße ein für die Betreiber versöhnliches Ende gefunden.

Kurz nach der Wende hatte der Kulturverein das leer stehende Haus vom Runden Tisch in Mitte zugewiesen bekommen. Die Projektmitarbeiter etablierten dort Räume für Theater, Kino, Galerie, Musik und einen Mädchenclub. Das baufällige Gebäude wurde notdürftig instand gesetzt.

Um eins der wenigen Projekte, die sich abseits des schicken Mitte-Mainstreams halten konnten, auf Dauer abzusichern, plante der Kulturverein schon seit längerem den Kauf des Hauses. Ein Angebot über 660.000 Mark schlugen jedoch die ursprünglichen Eigentümer, eine Erbengemeinschaft, aus. Sie beauftragte den Makler Matthias Freiherr Teuffel von Birkensee, andere Kaufinteressenten zu finden. Obwohl der Acud e.V. Anfang letzten Jahres ein verbessertes Kaufangebot vorlegte, bekam auf Vermittlung des Maklers ein unbekannter Käufer für läppische 50.000 Mark mehr den Zuschlag. „Das Haus wurde uns buchstäblich vor der Nase weggekauft“, ärgert sich Vereinsvorstand Horst Edler noch heute.

Seitdem spitzte sich die Situation dramatisch zu. Von Räumungsklagen bedrängt, dachten die Acudler kurzzeitig sogar an eine Besetzung ihres Hauses. Im September konnte jedoch der neue Eigentümer gefunden und davon überzeugt werden, vom Kaufvertrag zurückzutreten.

Dann sprang die Stiftung „Umverteilen! Für eine solidarische Welt“ dem Kulturverein zur Seite. Sie erwarb das Grundstück Ende März für 900.000 Mark und überlässt es nun dem Acud e.V. mittels eines Erbbaurechtsvertrags. Für fünfzig Jahre erhält der Verein unter der Verpflichtung, das Haus zu sanieren, das Nutzungsrecht für das Grundstück und das Eigentum am Gebäude.

Entsprechend gelöst war gestern auch die Stimmung unter den Aktivisten. Man habe den Kampf gegen die Grundstücksspekulation gewonnen, freute sich der Vorsitzende des Vorstands, Stefan Donath. Für fast fünf Millionen Mark soll das Gebäude mit Hilfe von Fördermitteln saniert und ausgebaut werden. „Zuerst müssen wir die Löcher im Dach stopfen und anständige Toiletten einbauen“, betonte Vorstand Edler. Dann sollen im bisher ungenutzten Hinterhaus ein Restaurant und zwei 140 Quadratmeter große Veranstaltungssäle entstehen. So hofft der Verein, die Investitionen refinanzieren zu können.

„Eine Konzeptänderung macht keinen Sinn“, so Edler, die verschiedenen Bereiche blieben erhalten. Und das mehrfach preisgekrönte Acud-Kino erhalte endlich einen zweiten Saal.

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