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Föderalismus eine Treppenstufe höher

Finanzminister Hans Eichel will die Landeszentralbanken entmachten – zugunsten der Bundesbank

Wie gut, dass Allianz und Dresdner Bank vergangene Woche ihre Fusion ankündigten. Das war genau die Vorlage, die Finanzminister Hans Eichel (SPD) brauchte für seine umstrittene Reform zur Entmachtung der Landeszentralbanken (LZBs) und Bündelung der Finanzaufsicht. Gestern nun legte er die Entwürfe für das Gesetz vor, das zum 1. Januar 2002 in Kraft treten soll. Demnach sollen künftig die Bundesaufsichtsämter für Kreditwesen, für das Versicherungswesen und für den Wertpapierhandel in einer Allfinanzaufsicht zusammengefasst werden, der so genannten Bundesanstalt für Finanzdienstleistungs- und Finanzmarktaufsicht. „Die aktuellen Zusammenschlüsse zwischen Versicherungs- und Bankengruppen in Deutschland zeigen, dass wir mit dieser Maßnahme richtig und vorausschauend handeln“, sagte der Minister sichtlich zufrieden.

Gleichzeitig will Eichel die Bundesbank zentralisieren: Zwar wird es formal weiter LZB-Chefs geben, doch die werden künftig kaum mehr etwas zu sagen haben. Bislang waren sie im Bundesbankrat mit Stimmrecht vertreten: Von den 15 Mitgliedern des wichtigsten Bundesbankgremiums stellten sie 9. Dazu kam der Bundesbankpräsident, sein Vize und 4 weitere Mitglieder. Im neuen Bundesbankvorstand sollen nur noch diese 6 verbleiben. Doch nicht genug: Die LZB-Chefs sind künftig nur noch Befehlsempfänger des Bundesbankchefs. Damit ist die föderale Struktur der Bundesbank aufgehoben. Eichel rechtfertigte seine Bundesbankreform mit der Einführung des Euro: „Ich bin Föderalist – nur spielt sich das jetzt eine Ebene höher ab: in der Europäischen Zentralbank“ (EZB). Dort würden deutsche Interessen gestärkt, wenn Bundesbankchef Ernst Welteke zu Hause eine stärkere Stellung hätte.

Eichel ärgert sich schon länger über die LZB-Chefs, weil sie sich immer wieder zur Geldpolitik äußern – und damit die Märkte verunsichern. Doch den Ländern sind ihre Landesbanken als Instrument regionaler Wirtschaftspolitik heilig, nicht zuletzt, weil sie lukrative Posten für verdiente Politiker bieten. Vor allem Bayern und Hessen sind gegen die Zentralisierung. Trotzdem ist es unwahrscheinlich, dass die Reform scheitert, denn die Länder bräuchten im Bundesrat eine Zweidrittelmehrheit, um die Reform zu kippen.

Aber auch der Bundesbankchef ist nicht ganz zufrieden: Er hatte zusammen mit den LZB-Chefs darauf gehofft, dass ihnen Eichel die alleinige Aufsicht über die Kreditgeschäfte andienen würde. Sogar EZB-Chef Wim Duisenberg hatte sich dafür eingesetzt. Eine Weile lang hatte es auch so ausgesehen – doch dann änderte Eichel seine Meinung zugunsten einer Allfinanzaufsicht.

Schon jetzt hilft die Bundesbank über ihre Landesbanken maßgeblich bei Kontrolle von Sparkassen und Geschäftsbanken. Helfen – das soll die Bundesbank nach Eichels Plänen auch weiterhin tun, wenn auch künftig im Auftrag der Allfinanzaufsicht. Aber die alleinige Aufsicht erhält sie nicht.

MATTHIAS URBACH

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