: Piraten auf den fröhlichen Wellen
■ Musikwirtschaft macht weniger Umsatz und gibt CD-Brennern und Napster Schuld
Die selbsternannte deutsche Musikhauptstadt Hamburg hat einen erklärten Feind: den Piraten. Der Pirat kümmert sich nicht um Lizenzen, er kümmert sich nicht um Musikrechte, und er kümmert sich vor allem nicht einmal um die Gewinne der deutschen Phonowirtschaft. Der Pirat brennt sich Musiktitel auf CD und ist, beziehungsweise war, Stammkunde bei der Internet-Tauschbörse Napster. Und er sorgt dafür, dass die Musikwirtschaft im Vorjahr Umsatzverluste von 2,2 Prozent eingefahren hat. „Wenn die Entwicklung so weiterginge, würde uns die wirtschaftliche Grundlage entzogen“, klagt Wolf-Dieter Gramatke, Vorstandsvorsitzender der Universal Music Group bei der gestrigen Vorstellung der Jahresbilanz der deutschen Musikbranche.
4,78 Milliarden Mark wurden im Jahr 2000 mit Tonträgern umgesetzt, im dritten Jahr hintereinander haben sich die Zahlen verschlechtert. „Von einem dramatischen Einbruch kann man aber noch nicht sprechen“, relativiert Thomas Stein, der Chef des Bundesverbandes der Phonowirtschaft – man ist jetzt wieder auf dem Level der frühen 90er Jahre angekommen. Klar ist jedoch: Das Internet hat dafür gesorgt, dass die goldenen Zeiten in der Musikszene erst einmal vorbei sind. Massenhafte Downloads von Musiktiteln, das private erlaubte Kopieren von CDs – inzwischen werden fast genauso viele unbespielte CDs verkauft wie bespielte – und vor allem das Tauschen im Netz per Napster haben die Branche auf dem falschen Fuß erwischt.
Kopierschutz für CDs, Bezahlen für Downloads – so stellen sich Stein und Gramatke die Entwicklung schon der nächsten Monate vor. Dass Umsatzrückgänge auch an der mangelnden Qualität der Musik liegen könnten, weist Gramatke zurück. „Die Attraktivität hat nicht nachgelassen, unsere Künstler machen weiter gute Musik.“ Erfolgreichster Titel des Vorjahres war übrigens Anton aus Tirol. Auf den ersten 20 Plätzen landeten auch Zlatko (Platz 6), Zlatko und Jürgen (8) und die Titel „Shalala Lala“ (17) und „Bla Bla Bla“ (18).
Die Musikfunktionäre schlossen gestern nicht aus, mit ihrem Renommierobjekt, dem Echo, irgendwann wieder nach Hamburg zurückzukehren. Die Verleihung des Musikpreises war in diesem Jahr erstmals in Berlin vorgenommen worden, weil das Congress Centrum Hamburg zu klein für die Veranstaltung geworden war. „Der Umzug hat uns allen zwar gut getan und neue Impulse gebracht, doch wenn es in Hamburg eine andere Hallenkapazität gibt, könnte es auch wieder eine positive Situation für die Hansestadt geben“, sagt Gerd Gebhardt, Chef der Deutschen Phono-Akademie. Peter Ahrens
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen