Und von innen leuchtet sie

Iris Berben ist schön, schreibt Iris Berben in einem schönen Buch über Iris Berben

Wie lassen sich zehn Seiten Werbetext in Blindenschrift auf 160 Buchseiten strecken?

Arg strapaziös und nervensägig sind Schauspielerinnen, die einfach nicht in Würde altern können, sondern keine Ruhe geben mögen, die Welt mit daumendick aufgetragenem Make-up belästigen und die überkleisterten Falten und gepolsterten Krähenfüße für jugendlichen Charme halten. In diesem schwer deprimierenden Metier stochert eine besonders unablässig herum: Iris Berben, eine Plage im deutschen Fernsehquark, der man nur schlecht entkommt, eine aufdringliche Talkshow- und Betriebsnudel, die durch alle Kanäle flitscht und Belanglosigkeiten sülzt, selbstverständlich über sich und darüber, wie klasse, jung, dynamisch und gut sie aussieht, obwohl doch schon über fünfzig. Und dieses Ticket nutzt sie weidlich.

Darüber hat sie jetzt sogar ein Buch geschrieben. „Älter werde ich später“, heißt es und lüftet „das Geheimnis, schön und sinnlich, fit und entspannt zu sein“, ein Geheimnis freilich, nach dem man vergeblich suchen wird, denn außer dem üblichen Blabla zu „Gesichtspflege“ oder „Gesichtsmasken“ lüftet das Buch höchstens folgendes Geheimnis: Wie lassen sich zehn Seiten Werbetext in Blindenschrift, mit zweizeiligem Abstand und Absätzen nach jedem Punkt auf 160 großformatige Buchseiten strecken? Auch wenn das Interesse an dieser Frage eher mäßig sein dürfte, hier die Antwort: Man klatscht bis zu vier Fotos von Iris Berben auf jede Seite, auf denen Berben die Klappe so erschreckend weit aufreißt, als wolle sie mit ihrem permanent entblößten Zahnfleisch beweisen, dass die Maul- und Klauenseuche doch ansteckend ist.

„Ich schwöre auf Gesichtsmasken“, schreibt sie. Das ist zwar genauso gut, wie auf die Bibel zu schwören, aber dass davon auch noch „die Haut rosig und frisch“ werden soll, kann nicht allzu viel Glaubwürdigkeit für sich beanspruchen. „Man kann sich das Gesicht bunt anmalen – doch nichts ist schöner, als wenn das Gesicht gut durchblutet ist und von innen leuchtet.“ Daneben sieht man sie mit Maske und Handtuchturban, ausnahmsweise mal nicht mit aufgerissenem Mund, sondern mit heraushängender Zunge, vermutlich, weil sie das für frech, unangepasst und lustig-lustig hält und das der Humorstandard ist, seitdem Albert Einstein in nämlicher Pose auf einem Plakat in jede Wohnung Einzug gehalten hat.

„Schönheit“, so schreibselt Frau Berben, „hat mit der Persönlichkeit, mit dem Innenleben zu tun.“ Eine Definition, die auf sie kaum zutrifft, es sei denn, man hält die Fähigkeit, der Öffentlichkeit Einblick in seinen offenen Rachenraum zu gewähren, für eine erwähnenswerte Eigenschaft, denn außer Zahnarztfotos lässt sich in ihrem Buch kaum etwas finden, das über einen gewöhnlichen Ratgeber hinausgeht. Okay, Frau Berben gibt auch einige ungewöhnliche Tipps, wie zum Beispiel „alle Gemüsesorten“ zu essen und sich „den Rest in Pillenform nachzuschieben“. Darüber hinaus erfährt man, dass sie sich die Schamhaare selber rasiert, weil ihr „die Heißwachsmethode zu schmerzhaft“ ist, dass sie „keine Hornhaut“ mag, dafür aber Pasta, dass sie die Beine nach dem Essen hochlegt und findet: „Man muss auch loslassen können – das tut dem Körper und der Seele gut.“ Und weiter: „Ab und zu möchte ich über die Stränge schlagen, nicht ,funktionieren‘. Und das gilt auch für das eine oder andere Glas Rotwein.“ Interessant! Wie geht das, fragt man sich doch einigermaßen verwirrt? Ein Glas Rotwein, das nicht funktioniert? Aber leider trägt auch die danebenstehende Illustration nicht zur Aufklärung dieses sehr bemerkenswerten Vorgangs bei. Man sieht Frau Berben aus zehn Zentimeter Fallhöhe sich eine Flüssigkeit in den offenen, aber bereits vollen Mund kippen, so dass sie über Kinn, Hals und Brust in den Ausschnitt läuft. Nachdem man vor lauter Schönheit durch innere Einstellung, Yoga und Wasser trinken schon zerknirscht in sich gehen wollte, um Buße zu tun für die Versäumnisse der Jugend, gegen die nicht mal Operation Wüstensturm mehr etwas ausrichten würde, erfuhr man kürzlich in der Bild am Sonntag, dass auch Frau Berbens Aussehen allem Anschein nach einer Operation zu verdanken ist. Nicht nur ihr Kinn wurde mittels eines Implantats korrigiert, auch ein „klassisches Facelifting“ scheint an ihr vorgenommen worden zu sein. Was da „von innen leuchtete“, war also doch wieder nur das Skalpell. Ist ja auch okay, aber muss man deshalb gleich so viel Papier verschwenden, um das Gegenteil zu behaupten? KLAUS BITTERMANN