piwik no script img

Preis für den Barfußrektor

Der Äthiopier Asfaw Yemiru erhielt den Weltkinderpreis. Er wurde von einer Kinderjury bestimmt

von REINHARD WOLFF

„Wir haben Asfaw ausgewählt, weil er seine Arbeit als Kind begonnen hat, genau so wie wir“, erklärt die Kanadierin Laura Hannan. Die 15-Jährige ist Vorsitzende der Jury aus 15 Kindern, die Asfaw Yemir dieses Jahr den „Weltkinderpreis“ verliehen hat. Am Mittwoch wurde er von der schwedischen Königin Silvia auf Schloss Gripsholm bei Stockholm feierlich überreicht.

Der Äthiopier Asfaw war sogar ein Jahr jünger als Laura jetzt, als er im Alter von 14 Jahren unter den Zweigen eines großen Baums in seiner Heimatstadt Addis Abeba eine Schule startete. Ab dem 9. Lebensjahr hatte er selbst auf der Straße gelebt, doch war es ihm aufgrund glänzender Noten gelungen, einen Platz auf einem Elitegymnasium der äthiopischen Hauptstadt zu erhalten. Als Kaiser Haile Selassie eines Tages an ihm vorbeifuhr, warf sich Asfaw vor Selassies Auto und bettelte: „Gib uns Land!“ Auf die Frage, wofür er das Land wolle, erhielt der Kaiser die Antwort: „Ich will eine Schule für arme Kinder bauen.“ Der Kaiser zeigte sich großzügig, und Asfaw Yemiru konnte seinen Traum verwirklichen: eine kostenlose Schule für arme Kinder, darunter auch viele Waisen.

An Asfaws Schule mussten sie weder Schuhe tragen noch eine Schuluniform, wie an den anderen Schulen üblich, körperliche Züchtigung war verboten. Yemiru sagt dazu: „Die tragende Idee war, dass ältere Schüler mithelfen sollten, die jüngeren zu unterrichten. Alle sollten alles teilen. Sowohl in der Ausbildung wie im materiellen Bereich. Jeder trug durch seinen eigenen Einsatz dazu bei, dass alles funktionierte.“

Das erste Schulgebäude wurde mit schwedischer Entwicklungshilfe finanziert. Asfaw Yemiru bekam bald den Beinamen „Barfußrektor“. Als 60-Jähriger kann er jetzt stolz Bilanz ziehen: Mehr als 100.000 Kinder haben auf seinen Schulen eine kostenlose Schulausbildung genießen können. Dem Lesen und Schreiben wurde dabei genauso viel Bedeutung zugemessen wie dem Erlernen praktischer Fähigkeiten: Kühe melken, den Boden bearbeiten, säen, ernten. Yemiru: „Es können ja nicht alle Bürojobs bekommen. Viele werden vielleicht nie einen entlohnte Arbei finden. Aber sie haben wenigstens gelernt, sich selbst zu helfen.“

Mit den umgerechnet knapp 120.000 Mark, die mit dem Preis verbunden sind, soll nun der Grundstein für eine dritte Schule gelegt werden, die Yemiru neben den beiden in Addis Abeba existierenden bald eröffnen will.

Weitere Preisträger sind in diesem Jahr die „Kinderfriedensbewegung“ in Kolumbien und eine indische Barfußschule, dieein Kinderparlament initiiert hat, um Kinder Demokratie und ihre Rechte zu lehren.

Der „Weltkinderpreis“ wird in diesem Jahr zum zweiten Mal verliehen. Im vergangenen Jahr erhielt ihn posthum Iqbal Masih, der die Kindersklavenarbeit in der Teppichindustrie Pakistans bekämpft hatte und deswegen ermordet wurde.

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen