Trommeln statt Jammern

■ Universal-Nachbeben ist beim Medienkongress noch zu spüren. Branche glaubt an den Sog der Hauptstadt

Der Medienkongress hat sein Thema. Und das heißt Berlin. Der Wirtschaftsbehörde und der Messe als den Veranstaltern ist das zwar gar nicht recht, denn schließlich heißt der Kongress Hamburger und nicht Berliner Dialog. Aber trotzdem reden fast alle nur über den Standortkonkurrenten, der nach offizieller Hamburger Lesart den Musikmulti Universal aus der Hansestadt abgeworben hat. Studio Hamburg-Chef Martin Willich begrüßt als Schirmherr die TeilnehmerInnen mit einem trotzigen: „Willkommen in der Medienhauptstadt Hamburg - jetzt erst recht.“ Kaum eine Hand rührt sich zum Applaus.

Auch Bürgermeister Ortwin Runde (SPD) kommt nicht drum herum, das Thema Berlin anzusprechen - auch wenn er sich lieber noch ausführlicher über seine New-York-Reise aus der Vorwoche und die dortigen Gespräche mit Medienfirmen hätte ausbreiten wollen, „von denen wir bald die ersten Früchte ernten werden“. Doch der angekündigte Universal-Umzug kommt ihm dazwischen, auch für Runde „ganz gewiss ein Aderlass“. Die Schuldigen hat der Bürgermeister klar ausgemacht: der französische Mutterkonzern Vivendi - „hätte Universal allein entscheiden können, wären sie wohl in Hamburg geblieben“ - und die Berliner Politik, die „einen unsinnigen Förderwettlauf“ gestartet habe.

Die Werbe- und Medienleute, die den Kongress besuchen, sehen das ein bisschen anders. Berlin schwirrt bei ihnen durch Kopf und Gespräch, „Hamburg muss aufpassen, dass der Stadt in Sachen Medien nicht die Felle wegschwimmen“, hört man immer wieder. Vor allem der Onlinebereich werde sich mehr und mehr in Richtung Berlin, Potsdam oder Dresden orientieren. So lautet zumindest die Zukunftsprognose innerhalb der Branche.

Auch der Bürgermeister scheint inzwischen erkannt zu haben, dass die Medienhauptstadt kein Selbstgänger mehr ist. „Wir müssen trommeln, trommeln, trommeln“, fordert er, und entgegen der auch vom Senat in den Vortagen verbreiteten Stimmung stellt er fest: „Jammern füllt keine Kammern.“

Der Kongress im CCH dauert bis heute Abend: Und noch ist Hamburg im Medienbereich schließlich prominent genug, um renommierte Leute der Branche als ReferentInnen zu gewinnen. So dikutierten gestern Tagesspiegel-Chefredakteur Giovanni di Lorenzo und Fanta-Vier-Rapper Smudo über Medien und Kunst, und heute debattieren unter anderem Schleswig-Holsteins Ministerprsidentin Heide Simonis und der ehemalige Bild-Chef Claus Larras über die Zukunft der Medienwelt - und wohl auch wieder über deren Standorte. Peter Ahrens