: Hauptstadt-TV für erotische Zielgruppen
„Spiegel TV“ und Alexander Kluges „dctp“ bescheren Berlin ab dem 7. Mai einen neuen Fernsehsender: XXP
Stefan Aust gibt sich bescheiden. XXP stehe nicht für etwas Extragroßes. „XXP steht für ein besonders kleines Fernsehprogramm.“ Der Chefredakteur des Nachrichtenmagazins Spiegel neigt sonst nicht zum Understatement. Aber er wolle keine Erwartungen wecken, die er mit dem neuen Fernsehsender XXP nicht erfüllen kann. Ab 7. Mai sendet das Programm im gesamten Berliner Kabelnetz auf Kanal S 35. Je nach Stadtgebiet kann der Sender den ganzen Tag oder von 15 bis 7 Uhr empfangen werden.
XXP ist ein Gemeinschaftsprojekt von Spiegel TV und der Produktionsgesellschaft dctp des Regisseurs Alexander Kluge. „Metropolenfernsehen“ nennt sich das Programm im Untertitel. „Doch wir positionieren uns nicht als Regionalsender“, sagt der Geschäftsführer des Spiegel-Verlages, Werner Klatten. Die einzige exklusive Eigenproduktion wird das Nachrichtenmagazin Punkt X sein, das wochentags ab 19.30 Uhr eine Dreiviertelstunde live aus der Hauptstadt sendet. „Da stecken wir unser ganzes Geld rein“, sagt Aust und dann fällt sein Mikrofon aus. Aust schmunzelt, fragt nach der Ursache und stellt schließlich fest, dass er selbst an den Schalter gekommen ist. Der Hauptteil des Programms wird aus dem umfangreichen Fundus an Dokumentationen gespeist, die in den Archiven von Spiegel TV und dctp liegen und bei Vox oder RTL alle schon einmal gezeigt wurden.
Zusätzlich sendet XXP Spielfilme aus dem Angebot der Kinowelt Medien AG. „Wir werden Filme und Dokumentation thematisch verbinden“, verspricht Kluge. Jeder Tag stehe unter einem bestimmten Motto. So sei der Dienstag für Historisches reserviert. Und im ersten Monat stünden die kompletten Wochen unter einem Schwerpunkt. Die erste thematisiert das Kriegsende in Deutschland. Mit dem Sender wolle man sich neue, intelligente, kaufkräftige Zielgruppen erschließen. „Eine erotische Zielgruppe“, sagt Kluge. „XXP ist für Menschen, die Lilo Wanders mögen und anspruchsvolle Dokumentation lieben.“
Während Kluge weiterredet, nimmt ihm Aust das Mikrophon weg und sagt: „Wir lösen das Versprechen des Privatfernsehens ein, das bei seiner Einführung versprochen, aber nicht umgesetzt wurde: Vielfalt.“ Auf die Frage, welchen Marktanteil er sich mit seinem Programm erhofft, lacht Aust. „Einhundert Prozent.“ Und realistisch? „Ich bin realistisch genug, keine Zahlen zu nennen.“ RALF GEISSLER
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