: Philippinischer Expräsident in Haft
Drei Monate nach seinem Sturz wird der unter Korruptionsverdacht stehende Joseph Estrada wegen „wirtschaftlicher Plünderung“ verhaftet. Seine Anhänger konnten die Vollstreckung des Haftbefehls nicht verhindern. Nun droht die Todesstrafe
von SVEN HANSEN
Tausende Anhänger des im Januar gestürzten philippinischen Präsidenten Joseph Estrada haben sich gestern Früh vor dessen Haus in Manila versammelt. Zuvor hatten hunderte Polizisten das Gebiet im Nobelviertel Greenhills abgesperrt. Doch immer mehr Anhänger Estradas überwanden die Polizeisperren. Der frühere Filmschauspieler ist noch immer in den Armutsvierteln beliebt, weil er in seinen Filmen den Rächer kleiner Leute spielte. Doch jetzt begann womöglich Estradas letzte Rolle.
Nachdem Steinwürfe seiner Anhänger Estradas Verhaftung zunächst um Stunden verzögert hatten, wurde der Expräsident nach dem Einsatz von Schlagstöcken und Wasserschläuchen schließlich in einem Fahrzeugkonvoi ins Polizeihauptquartier Camp Crame gebracht. Dort wurden seine Fingerabdrücke genommen. Ebenfalls verhaftet wurden Estradas Frau Luisa und sein Sohn José. Er ist der Bügermeister des Stadtteils, in dem die Verhaftung stattfand.
Ein Sondergericht, das Estrada illegaler Bereicherung im Umfang von bis zu 180 Millionen Mark anklagte, hatte den Haftbefehl wegen des Vorwurfs der „wirtschaftlichen Plünderung“ ausstellen und vollstrecken lassen. Der Vorwurf erlaubt keine Haftverschonung. Im Falle der Verurteilung droht Estrada die Todesstrafe, die in den Philippinen allerdings noch nie wegen wirtschaftlicher Plünderung vollstreckt wurde. In ersten Interviews aus seiner Einzelzelle beteuerte Joseph Estrada gestern erneut seine Unschuld und sagte, er sei immer noch der rechtmäßige Präsident. Die jetzige Regierung seiner früheren Vizepräsidentin Gloria Macapagal Arroyo, die durch Massendemonstrationen gegen ihn an die Macht kam, sei nicht verfassungsgemäß.
Manilas Erzbischof Jaime Kardinal Sin begrüßte gestern die Verhaftung Estradas. „Die Mühlen der Justiz bewegen sich. Das ist gut für die Nation“, sagte Sin. Auch der Aktienmarkt reagierte positiv und schloss mit einem Plus von 1,3 Prozent. Die Regierung versucht mit der Verhaftung den Eindruck eines entschiedenen Vorgehens gegen die Korruption zu erwecken und internationales Vertrauen zurückzugewinnen. Zudem stehen am 14. Mai der halbe Senat und das gesamte Unterhaus zur Wahl. Estradas Verhaftung dürfte der Regierung helfen, möglichst viele der 13 einflussreichen Senatorenposten mit ihren Kandidaten zu besetzen.
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