: MCs im Grummelland
■ Diesmal lassen die Puppen tanzen: Berlins „Puppetmastaz“ fluchen, freestylen und missionieren im Phonodrome
Es begann damit, so geht die Rede, dass ein Stoffmaulwurf namens Mr. Maloke die „härtesten Puppen der Welt“ zusammencastete, um eine Toygroup zu gründen – entsprechend den allerorten auftauchenden Boygroups. Deren ge-winnoptimierte Kalkuliertheit ist für den Brooklyner Zylinderträger und in-Zungen-Sprecher Maloke ebenso ein Leit- respektive Feindbild wie der zeitgenössische HipHop, in dem die Abkürzung MC nur noch für Master of Making Cash stehe. Nun gilt Maloke nicht unzutreffend als Großmaul, und irgendwer wird freilich auch bezahlen müssen für den – für Handpuppenverhältnisse – recht exklusiven Lebenswandel der Puppetmastaz (man hört von Kaugummi- und Kakaoabhängigkeit). So nämlich nannten sich die Skijacken tragenden Frösche, launischen Hasen und einäugigen Hautfalten, die Malokes Ruf nach Berlin folgten.
Dort fand man zwischen Dub und digitalem Hardcore, elektronischem Underground und Puppenspiel-Studiengängen etliche menschliche Unterstützer, die dem „Wu Tang Clan des Steifftier-Kosmos“ (taz hamburg, 16.12.2000) beim nötigsten zur Hand gehen – ganz bescheiden, versteht sich. So veröffentlicht ein Assistent dieser Tage zwar eine trumpelnde Elektro-Jeepbeat-Platte beim hiesigen Gagarin-Label, will beide Aktivitäten aber sauber getrennt wissen.
Denn im Mittelpunkt sollen die Puppetmastaz stehen, mit ihrer schwer bollernden Musik und offensiven Bühnenshow. Schließlich, so Maloke: „Im Gegensatz zu anderen Puppen sind wir eigenständige Künstler.“ Kaum kinderprogrammfreundlich, erinnern die Puppetmastaz immer wieder an Peter Jacksons Splatter-Feebles – freilich ohne deren Drastik. Aber geraucht wird und geschimpft, und selten auch dürfte dem Publikum die Analogie zwischen (schlechter) Hip-Hop-Choreografie und Kasperletheater deutlicher gemacht worden sein: „Seid ihr auch alle da?“ Then make some noise bzw. werft bidde eure Arme in die Luft!
Es geht dabei nicht um bloßes Entertainment. Vielmehr sind die Puppetmastaz darauf aus, die Unität ihres puppet way of thinkin' über die Welt zu bringen: „Unterteile nicht in die Zwei. Weil dann musst du dich zwischen dem einen und dem anderen entscheiden... Menschen tun wirklich Leid. Sie dürfen mit ihrem a-b-Entscheidungswahn nicht alleine gelassen werden.“ Wen das an einige der Exkurse während des Gonzales-Auftritts neulich im Schauspielhaus erinnert, erhält übrigens einen brauchbaren Hinweis auf das, was während eines Abends im MC-Grummelland alles passieren kann.
Alexander Diehl
mit DJs Coolman, Stylewarz, Mad und Mirko Machine: Montag, 23 Uhr, Phonodrome
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen