: „Eher ein Zustimmungsgremium“
Die Soziologin Elisabeth Beck-Gernsheim verweigert die Mitarbeit im Ethikrat – auch wenn die Chance auf Mitbestimmung verloren geht. In dem Gremium sind ihr zu wenige Kritiker vertreten
taz: Der Kanzler hätte Sie gerne in den Nationalen Ethikrat berufen. Sie haben abgelehnt. Warum?
Elisabeth Beck-Gernsheim: Das Berufungsverfahren lief nicht transparent ab. Vorigen Donnerstag rief mich ein Abteilungsleiter aus dem Kanzleramt an und fragte, ob ich Interesse an diesem Gremium hätte. Als ich fragte, was der Ethikrat konkret beschließen soll, blieb er mir die Antwort schuldig. Auf die Frage, in welchem Konkurrenzverhältnis die neue Kommission zu dem Ethikbeirat des Bundesgesundheitsministeriums stehe, sagte er, das sei völlig unklar. Und die vollständige Liste der Namen der anderen potenziellen Kommissionsmitglieder konnte ich am Samstag der Zeitung entnehmen.
Hätten Sie gewusst, dass die Kritiker Reich und Kollek dabei sind – wäre Ihre Entscheidung anders ausgefallen?
Das Bild hätte sich anders dargestellt. Es hätte mir aber nicht den Eindruck genommen, dass wir es mit einem nicht transparenten Verfahren zu tun haben. Außerdem drängt sich der Verdacht auf, dass man sich ein Zustimmungsgremium heranholen will, nachdem einige Mitglieder des Ethikrats beim Gesundheitsministerium sich doch widerspenstig gegen Äußerungen des Kanzlers zur Genentwicklung gezeigt haben.
Jetzt also versammelt Gerhard Schröder die Jasager um sich?
Die Naturwissenschaften sind zu stark vertreten. Wenn man sich die Zusammensetzung des Rats ansieht, kommt der Verdacht auf, dass es einen Nukleus derer gibt, die sich nicht gerade kritisch zur Gentechnik äußern, wie etwa Ernst-Ludwig Winnacker, der für den Kanzler diverse Papiere verfasst hat.
Sie vergeben eine große Chance, kritisch Einfluss zu nehmen.
Ich habe mich auch gefragt, ob ich nicht erst einmal in den Ethikrat hineingehe, denn ich könnte ihn ja verlassen, wenn es mir nicht mehr passt. Aber es ist schwierig, aus solchen Kommissionen wieder herauszukommen. Selten gibt es eindeutige Differenzen, derentwegen man sofort geht. Vielmehr ist da ein Unbehagen, das langsam wächst. Man hofft, dass es sich ändert, man erhebt vielleicht Einspruch und hofft, dass dieser Wirkung zeitigt. Doch dann ist man bei der nächsten Sitzung wieder dabei und wird trotz Unbehagens in Prozesse einbezogen, die man nicht gutheißt.
INTERVIEW: ANNETTE ROGALLA
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