: Politik im Schatten der Deiche
■ Heute beginnt die Wahl des Deichamts rechts der Weser / Bürger & Bauern kandidieren gegen naturschutz-orientierte Promi–Liste
Die Fluten steigen, doch dies ist vermutlich nicht der Hauptgrund, warum anlässlich der näher rückenden Deichamtswahl 2001 Unruhe in den Kandidaten-Pool kommt. Politische Ränke werden geschmiedet, Intrigen gewittert, Mitbewerber angeschwärzt – Wahlkampf im Schatten der Deiche.
Ab heute bekommen die Grundeigentümer im Gebiet des Deichverbands rechts der Weser Briefwahlunterlagen zugesandt, um ein 30-köpfiges Gremium zu wählen. Dieses setzt den Beitrag fest, den Hausbesitzer für den Hochwasserschutz berappen müssen – etwa 50 bis 100 Mark jährlich –, wählt den Vorstand und entscheidet in allen „wichtigen Fragen des Deichschutzes und der Gewässerunterhaltung“. Doch was wichtig ist, daran scheiden sich in Bremen traditionell die Geister.
Seit 1986 die eher alternative „Deichschutzliste“ ans Ruder gekommen ist, wähnt sich die konservativ-bäuerliche „Bürgergruppe Deichsicherheit“ aus ihrem angestammten Territorium vertrieben. „Wir haben nicht die Naturschutz-Brille auf“, so der Findorffer Kandidat August Kötter. Man könne vielmehr „gut rechnen“ und habe „hervorragende“ Arbeit im von der Deichschutzliste dominierten Vorstand geleistet. Höhepunkt der deichpolitischen Aktivitäten: Die Renovierung der Kuhsiel-Schleuse.
„Frechheit!“ beschwert sich Joachim Seitz von der Gegenseite, „die schmücken sich mit fremden Federn“. Überdies würden die froschgrünen Flugblätter der Sicherheitsleute den Eindruck erwecken, dass da nicht die Opposition für sich werbe, sondern die „Machthaber“ rechts der Weser. Grund der Aufregung: Die Vertreter der Deichschutzliste sind nervös, weil sie bei der letzten Wahl vor fünf Jahren nur mit knapper Mehrheit die Wahl gewonnen haben.
Jetzt scheint sich abzuzeichnen, dass bestimmte Wahlkreise an die Gegenseite fallen werden. Die möglicherweise größere Wahlbeteiligung durch die Briefwahl scheint ebenfalls ein Angst-Faktor zu sein. Auch ein „übergelaufener“ ehemaliger Deichverbandsingenieur schlägt den Naturschutzlisten-Leuten aufs Gemüt. Sie haben sich darum mit einer Kandidatenliste gewappnet, die sich wie das Who is Who Bremens liest – der Theaterdirektor gehört dazu, die Frauenbeauftragte, der BUND-Chef, Architekten, Autoren. Ob es trotzdem zu einem „Deichbruch“ kommt, entscheidet sich Ende des Monats. hase
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