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Statt Kultur- nun Dienstleistungs-Drittel

■ Ein Bremer Multimedia-Unternehmen möchte auf das „Kultur-Drittel“ auf dem Teerhof umsiedeln / VHS will „huckepack“ mit / Lediglich Unternehmens-Kultur an exponierter Stelle?

Der Bremer Multimedia-Unternehmer Detlef Hanke möchte seinen Firmensitz auf das chronisch brach liegende „Kultur-Drittel“ des Teerhofs verlegen. Er sei im Gespräch mit zwei Investoren und habe auch bereits einige „sehr positive Signale“ aus Politik und Verwaltung erhalten, sagte Hanke gegenüber der taz. Ihm schwebt ein architektonischer Solitär vor, der das „moderne Bremen“ repräsentieren soll – ein Markenzeichen. Wie bei einer solchen Lösung allerdings die kulturelle Nutzung aussehen könnte, blieb bei einer Diskussionsveranstaltung der Grünen zur Zukunft des Areals unklar.

Fest steht, dass die Firma „multi media haus“ – laut Geschäftsführer Hanke die Nummer 19 der Branche in Deutschland – expandieren will. Schon jetzt gebe es neben dem Hauptsitz an der Schwachhauser Heerstraße aus Platzmangel fünf Dependancen in Bremen. Und: Nach der bevorstehenden Fusion mit einem anderen IT-Unternehmen wachse die Mitarbeiterzahl von 80 auf insgesamt 150, so Hanke. Also will er mit seiner Mannschaft an die Weser, um „Leben und Arbeiten“ zu verbinden. 4.000 Quadratmeter Nutzfläche seien dazu notwendig, transparent verpackt und mit kulturellen und gastronomischen Zusatzangeboten. Soweit die „Vision“, die Hanke am Donnerstag in der Weserburg vorstellte – und die sogleich von der Volkshochschule aufgegriffen wurde.

Diese würde sich laut Leiterin Barbara Loer durchaus „huckepack“ an Hanke respektive dessen Investor anhängen, um auf diesem Weg endlich an eine Zentrale in der Innenstadt zu gelangen. Hochgerechnet 300.000 zusätzliche City-Besucher, ein Ort für öffentliche Debatten mitten in der Stadt – das wäre doch was, meint Loer.

Auch wenn damit aus der bei der Bebauung des Teerhofs zugesicherten Fläche für die Kultur eine Art „Dienstleistungs-Drittel“ würde, scheint die Idee von Multimedia-Mann Henke auf fruchtbaren Boden zu fallen: „Reizvoll“ findet Karin Krusche von den Grünen das Vorhaben, das auch Baupolitiker-Kollege Carsten Sieling (SPD) für durchaus „realistisch“ hält. Klaus-Peter Fischer, Ortsamtsleiter in der Neustadt, erkannte gar „faszinierende“ Aspekte in Hankes Ausführungen. So etwas wie ein Kulturforum sei ohne starken Partner eben nicht zu schaffen, wenn sich die Stadt auch fragen müsse, ob sie ein derartiges Grundstück privatisieren wolle, sagte Fischer. Wichtig sei jetzt ein erster Entwurf, um die Ideen zu konkretisieren. Bau- und Kulturressort wollten sich gestern nicht dazu äußern.

In der Vergangenheit waren diverse Pläne, wie das derzeit als Parkplatz genutzte Areal kulturell belebt werden könnte (Shakespeare Company, Tanzfilminstitut, Art-Hotel) wieder in der Weser versenkt worden – weil sich die öffentliche Hand hätte beteiligen müssen. Ein Investoren-Wettbewerb wurde vom Senat trotz mehrerer Bewerber wieder abgeblasen, eine „Denkpause“ in Sachen Teerhof beschlossen.

Doch was ist, wenn Ideen-Spender Hanke Kultur mit Unternehmenskultur verwechselt, und vor allem für seine eigenen Mitarbeiter ein schickes urbanes Umfeld schaffen möchte? Ein Übel sei es, wenn Kultur zur Dekoration würde, zum puren Marketing, warnte eine Galeristin bei der Diskussion. Hanke selbst spricht sich eine „große Affinität“ zu kulturellen Dingen zu; er habe „Spaß“ an künstlerischen cross-over-Projekten, bei denen das Neue Museum Weserburg und die Shakespeare Company kooperieren wollen. Indes: Er habe nicht vor, in ein „Kulturzentrum“ zu investieren.

Vielleicht kommt ja auch alles ganz anders: Planungsamtsleiter Detlef Kniemeyer hat dem Vernehmen nach ein Projekt im Sinn, das für die Grüne Krusche „das Gegenteil von dem ist, was man sich an dieser Stelle wünschen kann“: Eine Uni für Senioren. Der Teerhof als geistig-gerontologisches Zentrum. Das wäre zumindest konsequent.

hase

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