Die Rolle der Frau

betr.: „Men’s Health“, taz vom 30. 4. 01

Dass die Betreuungsinfrastruktur staatlicherseits ausgebaut werden sollte, darin stimme ich Frau Pinl ja durchaus zu. Aber gewiss nicht nur zu dem Zweck, den Frauen endlich den Weg in den Chefinnensessel freizuschaufeln, indem sie die ach so stressige Kindererziehung vom Hals haben.

Wer Frauen in macht- und verantwortungsvollen Positionen sehen will, sollte dafür sorgen, dass Frauen diese Positionen überhaupt wollen – und dass Männer im Gegenzug Geschmack an dem finden, was Frauen dafür aufgegeben haben. Solange aber Frauen selber das vom Hals haben wollen, was sie am Karrieremachen hindert, nämlich die Hausarbeit und die Kindererziehung, und diese Tätigkeiten entsprechend madig machen, will mir nicht einleuchten, warum Männer sich darauf einlassen sollten. [...]

Wie sehr die Männer selber dadurch benachteiligt werden, wird meistens verschwiegen: Eine junge Mutter begnügt sich wohl deswegen häufig nach der Babypause mit einer schlecht bezahlten Teilzeitstelle, weil sie 1. sich darauf verlässt, dass ihr Partner den Löwenanteil der notwendigen Finanzen heranschafft, selbst nach einer Trennung, 2. den engen Kontakt zum Kind – trotz aller angeblich so diskriminierenden Faktoren der Kindererziehung – einer Fremdbetreuung vorzieht. Auf diese Weise wird der Vater des Kindes in seine Ernährerrolle zurückgezwungen, selbst wenn er ursprünglich mal andere Pläne hatte, und er wird systematisch vom Bereich der Familienarbeit ausgeschlossen und bleibt so eine Randfigur [...].

Warum kritisiert Frau Pinl lediglich den „sanften Druck“, mit dem Mädchen in gering bezahlte frauentypische Berufe zurückgezwungen werden, ohne den starken Druck zu registrieren, mit dem Männer oft genug, fast immer dann, wenn Kinder kommen, in die Hauptverdienerrolle zurückgezwungen werden? Und warum empört sie sich nicht darüber, dass frauentypische Berufe so gering bezahlt werden? Ist das denn eine Selbstverständlichkeit, die man so einfach hinnehmen muss? Wenn ein typischer Frauenberuf bei gleich langer Berufsausbildung und vergleichbaren intellektuellen und praktischen Anforderungen sowie ähnlicher Belastung trotzdem gesellschaftlich geringer geschätzt und entsprechend schlechter bezahlt wird, dann ist das nicht nur unfair, sondern hindert auch Männer daran, sich in solchen Berufen zu engagieren. [...] Wenn Frauen wirklich bereit sind, Verantwortung zu übernehmen, und aufhören, einen Partner nach seinem Verdienst und seinem Ansehen zu beurteilen und auch Partnerschaften mit geringer verdienenden Männern eingehen und Männer auch Küche und Kinderzimmer überlassen, dann brauchen sich Männer auch nicht mehr vor einer erfolgreichen Frau zu fürchten, die sie im schlimmsten Falle überflüssig macht. Mit Vorwürfen und Beschimpfungen dagegen wird frau wohl nieman(n)den dazu bewegen, Privilegien abzugeben. [...]

BEATRIX PASTOORS, Halver

Frau Pinl ist bei dem Thema wohl etwas zu sehr auf die Rolle der Frau in der Familie fixiert. [...] Die Familienmitglieder, die sich tagsüber um ihre Kinder kümmern, verdienen größte Hochachtung, weil sie freiwillig finanzielle Einbußen in Kauf nehmen, um die Versäumnisse der anderen Erziehungsorgane halbwegs wieder ins Lot zu bringen. Ich würde ihre Ideen dahingehend verfeinern, dass man die Erziehung der Kinder gänzlich anderen überlässt, während beide Elternteile unentwegt Kohle scheffeln. Man kann ja Besuchszeiten der Eltern in den von ihr beschriebenen Einrichtungen samstags von zehn bis zwölf Uhr einrichten. Soziales Verhalten, Meinungsbildung und politische Bildung werden ja in den von ihr geschilderten Institutionen umfassend und richtig behandelt. Wenn sie ihr Gesichtsfeld erweitern würde, wird auch sie feststellen: sozial kompetente Kinder entwickeln sich nicht in Verwahranstalten, sondern eben doch im Schoß der Eltern. [...]

ARMIN REITZER, Ratingen