: Ende des Leerstands
Die einst letzten besetzten Häuser im Westteil Berlins werden nun nach jahrelangem Leerstand abgerissen
Jörg Schönbohm, Exgeneral und heute CDU-Innenminister in Brandenburg, kann noch einmal einen späten Berliner Sieg verbuchen. Nach fünf Jahren Leerstand werden die einstmals besetzten Häuser Marchstraße 23 und Einsteinufer 41 in Charlottenburg abgerissen. Die letzten Symbole der Westberliner Hausbesetzerszene hatte Schönbohm als Innensenator 1996 räumen lassen und damit die „Berliner Linie“ kalt gekippt, die eine Sanierung und Anschlussnutzung besetzter Gebäude nach einer Räumung vorsah.
Westberlin ist besetzerfrei, vermeldete der Exgeneral am 8. August 1996 zur Lage. Ein Konzept zum Erhalt der Gebäude und möglichen Nutzungen für Wohnungen oder als Erweiterungsgelände für die Technische Universität lag damals nicht vor. Und daran hat sich bis heute nichts geändert. Alexander Straßmeir, CDU-Baustadtrat im Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf, konnte auch gestern nicht sagen, was dort gebaut werden wird. Bisher habe es nur Vorgespräche über Nutzungen, darunter solche für wissenschaftliche Institutionen, gegeben.
Die beiden Häuser in der Marchstraße und am Einsteinufer waren Anfang 1989 besetzt worden, nach dem „der Bezirk die erste Abrissgenehmigung erteilt hatte und die Mieter von den Eigentümern vertrieben worden waren“, wie eine der rund 200 Besetzer damals berichtete. Um die Häuser herum entstand auch eine kleine Wagenburg. Die Wellen schlugen hoch in jener Zeit, selbst bei der Bildung des rot-grünen Senats war die Marchstraße Gesprächsthema der Koalitionsverhandlungen.
Der damalige Grundstücksbesitzer, Henning, von Harlessem & Co., drängte 1990 die Häuser zu räumen, was aber vom SPD-Innensenator Erich Pätzold abgelehnt wurde. Als der Eigentümer vor Gericht zog, erhielten die Besetzer eine Galgenfrist, verfing sich doch die richterliche Entscheidung im Gewirr jahrelanger Anträge.
1996 schlug Schönbohm endgültig zu. Auch der vom Bezirk geforderte Erhalt der Häuser ließ Henning, von Harlessem & Co. kalt. Die Bauten gammelten nun ungenutzt vor sich hin. Jetzt rollen die Bagger. ROLA
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
