: eingliederungsgesetz
Wer nicht lernt, zahlt
Seit 1998 ist in Holland jeder neue Bürger mit ausländischem Pass, der über 16 Jahre ist, gesetzlich verpflichtet, sich einem Eingliederungstest zu unterziehen. Die Regelung betrifft Flüchtlinge, die eine Aufenthaltserlaubnis haben, Menschen, die im Zuge der Familienzusammenführung einwandern (Türken und Marokkaner), und Niederländer, die in Übersee geboren wurden und sich jetzt in Holland ansiedeln wollen (Antillianer und Bürger Arubas).
In Holland (16 Millionen Einwohner) leben 2,3 Millionen Ausländer, 464.000 haben jüngsten Erhebungen zufolge keine oder geringe Niederländischkenntnisse. Sprach- und Landeskenntnisse jedoch sind nach Meinung der Regierung für den Aufbau einer Existenz in Holland unerlässlich. Von daher schreibt das Gesetz zur Eingliederung ausländischer Bürger (WIN) vor, dass Einwanderer spätestens vier Monate nachdem sie sich polizeilich gemeldet haben, einen zweijährigen Eingliederungslehrgang beginnen. In 48 regionalen Ausbildungszentren (ROC) lernen jährlich 90.000 Kursteilnehmer „Niederländisch als Zweitsprache“. Kostenpunkt: 80 Millionen Mark im Jahr.
600 Pflichtstunden absolvieren die Sprachschüler je nach Bildungsstand in ein oder zwei Jahren. Parallel dazu werden die Neuankömmlinge mit allen Facetten der Gesellschaft und den beruflichen Möglichkeiten vertraut gemacht. Freiwillige aus der Flüchtlings- und Migrantenarbeit helfen vor Ort im Umgang mit Ärzten, Anwälten, Behörden und neuen Nachbarn. Die ganze Strecke ist obligatorisch: für Neuankömmlinge, aber auch für jene Ausländer, die bereits vor 1998 in Holland lebten und heute Sozialhilfe beziehen. Wer über ein Fünftel der Stunden fehlt, muss mit Sanktionen rechnen. Wer den Kurs ohne guten Grund abbricht, zahlt bis zum Programmende ein Bußgeld von 20 Prozent seines Monatseinkommens.
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