: Gestatten: Ich bin Buddel
■ Die Bremer City wird den Sommer über umgekrempelt/ Aber die Marketingstrategen sind sich sicher: Mit dem knuffigen Maskottchen der Bauarbeiter wird alles halb so wild
Winke, winke, hallo, moin moin. Huhu, da bin ich! Gestatten: Buddel, der Baustellenreporter. Ich bin echt süß. Und man kann mich knuffeln und kuscheln. Wie die Christine und der Josef gestern. Die Senatoren Wischer und Hattig haben mich wirklich lieb. Der Josef sowieso, weil ich eine rote Nase habe und sonst fast ganz schwarz bin – wie die Koalition (hihi). Und die Christine mag mich, weil ich ihre schnuffeligen Baustellen verkaufen soll. Als gar nicht sooooooo schlimm.
Außerdem koste ich nur zehn Mark und bin ein Symbol dafür, dass Bremens Innenstadt ab ganz bald nur noch mit Gummistiefeln zu betreten ist. Und ich bin ein „Symbol für die Aufbruchstimmung in Bremen“, wie der Werbefritze, der mich erfunden hat, das gestern nannte. Er dachte ja, niemand würde merken, dass er mich vom Baustellen-Werbe-Maulwurf in Berlin abgekupfert hat. Aber ich bin ja nicht blöd, nur flauschig weich. Schuld an mir sind die blöden Baustellen, die die Bremer City demnächst in Schutt, Staub und Asche legen werden. Aber is' alles nicht so schlimm: Wenn Ihr wegen der Baustellen die schönen Einkaufszentren in der City nicht mehr findet, müßt Ihr nur mal ganz doll an mir reiben. Das ist lieb. Und das hilft.
Ich buddel (deswegen ja auch mein Name!) mich nämlich ab dem 5. Juni durch die ganze City – wenn alles gut geht, ist das Gröbste am 15. November überstanden.
Der Senat läßt sich das und noch ein paar Dinge mehr bis 2004 rund 75 Millionen Mark kosten. Telekom, Karstadt, Esprit und andere nette Firmen investieren noch mal mindestens 100 Millionen. Bremen wird aufgewertet, bekommt mehr „Verführungsqualität“, die schönste Shopping-Meile, das ein Oberzentrum in Nordwestdeutschland je hatte. Mit mir, mit Buddel!
Es gibt mich aber nicht nur zum schmusen. Ich bin Teil einer gigantischen Kampagne im Radio, in Zeitungen, im Internet und auf Plakaten. Und ich habe sogar ein eigenes Theater, „Buddels Baustellenbühne“. Und alle Bauarbeiter tragen, während sie Bremen mit Baggern und Presslufthämmern in den Schlaf wiegen, quietschorangene Kittel, auf denen „Schön, schöner, Bremer City. Wir arbeiten dran“ steht. Nein, die Kampagne schreckt niemanden ab, in die City zu kommen. Dafür bin ich zu knuffig.
Also, liebe Bremer: Sorry, ich wirble bald mächtig Staub auf. Die Kulturmeile wird umgekrempelt, das Rathaus während der Renovierung mit Schokoladen-Plakaten verkleidet, neues Pflaster in der City verlegt, die Vordächer von Wallpassage und Sögestraße erneuert, die Linie 4 ausgebaut. Aber wenn ihr mich nur richtig lieb habt, wird alles halb so wild. ksc
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