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Kriegsschiffe aus einer Hand

Deutsche Marinewerften sollen noch in diesem Jahr miteinander verschmolzen werden. Das langfristige Ziel ist, die europäischen Lieferanten für U-Boote, Fregatten und Zerstörer in einem einzigen Superkonzern zusammenzufassen

aus Hamburg HERMANNUS PFEIFER

Die bundesdeutschen Marinewerften streben eine Fusion an. Thyssen-Krupp, Düsseldorf, und Babcock Borsig, Oberhausen, wollen in einem ersten Schritt noch in diesem Jahr ihre Werftaktivitäten durch gegenseitige Kapitalbeteiligungen miteinander verknüpfen. Fregatten und U-Boote „Made in Germany“ kommen dann zukünftig aus einer Hand. Das Ziel ist ein europäischer Marinekonzern.

Die maritime Rüstung schwimmt mit diesem Fusionsprojekt der Luft- und Raumfahrt hinterher, die im Juli 2000 zur „European Aeronautic, Defence and Space Company“ – kurz EADS – fusionierte. Beteiligt waren die französische Aerospatiale, die spanische Casa und die Daimler-Tochter Dasa. Mit der Dreiländerfusion erhielt die Europäische Union endlich den seit über einem Jahrzehnt von Politik und Wirtschaft geforderten gemeinsamen Rüstungs- und Raumfahrtkonzern.

Nun wollen die Schiffbauer nachziehen. Mit der Bundesregierung war bereits im Oktober vereinbart worden, die enge Zusammenarbeit der Marinewerften in eine strategische Allianz zu überführen. Dieses Ziel wurde in einer gemeinsamen Erklärung von Bundeskanzler Gerhard Schröder, Verteidigungsminister Rudolf Scharping sowie Unternehmen der deutschen Heerestechnik- und Marineschiffbauindustrie festgelegt.

Thyssen-Krupp und Babcock Borsig haben in einem so genannten Memorandum of Understanding vereinbart, sich an den Werften des anderen Konzerns mit jeweils 7,5 Prozent zu beteiligen. Für das kommende Jahr ist dann eine deutliche Aufstockung der Kapitalbeteiligungen zwischen Howaldtswerke-Deutsche Werft (HDW) in Kiel, Blohm + Voss in Hamburg und Thyssen Nordseewerke in Emden geplant.

„Die angestrebte Überkreuzbeteiligung bedeutet einen wichtigen Schritt zur Bündelung der technologischen Fähigkeiten“, freut sich ein Sprecher von Thyssen-Krupp. Bei den drei Marinewerften, die auch zivile Produkte liefern, sind mehr als 6.000 Menschen beschäftigt. Zudem leben etwa 400 Zulieferbetriebe vom Marinebau. Der Auftragsbestand beträgt rund 17 Milliarden Mark.

Der begonnene Zusammenschluss stößt auch außerhalb der Branche auf Zustimmung. „Er ist sinnvoll und notwendig“, sagt Heiner Heseler, alternativer Wirtschaftswissenschaftler und Rüstungsexperte an der Universität Bremen, und auch die Gewerkschaft ist zufrieden. „Der deutsche Marinebau muss sich anders aufstellen, wenn er überleben will“, sagt Peter Schaaf vom Arbeitskreis Wehrtechnik der IG Metall. Angesichts schrumpfender Wehretats sei eine europäische Fusion wirtschaftlich notwendig.

Diese wird längst geplant. „Wir legen den Grundstein für eine europäische Werftenlösung“, betonen Thyssen-Krupp und Babcock Borsig übereinstimmend. Dazu sollen die seit Monaten geführten Gespräche mit der spanischen Bazan-Werft und dem Kriegsschiffbauer Fincantieri in Italien weitergeführt werden.

Mit der Fincantieri steht ein Kooperationsvertrag offensichtlich kurz vor dem Abschluss. Vergangene Woche wurde bekannt, dass HDW und Fincantieri in den Bereichen Design, Einkauf und Produktion enger zusammen arbeiten wollen. U-Boote sollen gemeinsam vermarktet werden. „Diese Kooperation kann auf andere europäische Werften ausgedehnt werden“, heißt es bei Babcock Borsig.

„Wir müssen im Schiffbau europäisch denken“, behauptet Babcock-Boss Klaus G. Lederer. „Die Verteidigungsindustrie formiert sich europaweit, und ich bin der Überzeugung, dass die jeweiligen Verteidigungsministerien unseren Weg unterstützen.“

„Das Ziel“, so Babcock Borsig, ist ein Zusammenschluss, wie ihn die EADS in der Luft- und Raumfahrt vorgemacht hat. Bis dahin ist es allerdings noch ein weiter Weg. So scheiterte bislang die Kapitalbeteiligung an Fincantieri am Eigentümer, dem italienischen Staat.

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