„Liebe taz...“ Wird Kultur wieder unwichtig?

Betr.: „Schulte hat genug von seiner CDU“, taz vom 12./13.5.2001

Mit Bernt Schulte verlässt ein Freund und Kenner von Kunst und Kultur die politische Bühne. Er war nach Horst Werner Franke der einzige Kultursenator der letzten zwölf Jahre, der sich – wenn auch zögerlich, wenn auch zu vorsichtig, wenn auch nicht vorbehaltlos, wenn auch oft in Konfrontation und Konflikt – in einen Dialog mit der Kulturszene begeben hat und begeben konnte. Bei aller berechtigten Kritik muss festgehalten werden, dass Bernt Schulte Probleme der Kulturfinanzierung, aber auch der Struktur der kulturellen Landschaft angesprochen hat und angegangen ist. Leider konnte er sich politisch zu selten mit seinen Vorstellungen durchsetzen. Von seiner Staatsrätin Elisabeth Motsch-mann wurde er nicht gerade hilfreich unterstützt.

Leider reduziert sich auch die Berichterstattung der taz (und aller anderen Medien) zum Schulte-Rücktritt im Wesentlichen auf die angeblich unterschiedlichen Pole und Effekte der CDU-Innenpolitik und ignoriert Kultur (und Freizeit) als politisch an Bedeutung immer weiter gewinnendes politisches Feld; Klaus Wolschner hat mit seinem Kommentar leider Recht.

Nicht zufällig und hoffentlich auch nicht umsonst ist es erst Senator Schulte gelungen, die freie Szene in den städtischen „Kanon“ der Kulturlandschaft als wesentliche und ernst zu nehmende Elemente zu integrieren und nach Jahrzehnten der Stagnation auch auf diesem Feld neue Strukturen zumindest vorzubereiten. Es ist zu hoffen, dass sein Nachfolger Kuno Böse auch dieses Feld weiter be-ackert und pflegt – und Kultur in Bremen sich im politischen Leben nicht wieder auf die großen Einrichtungen und die von der Kulturszene selbst „inzestuös“ angezettelten Diskussionen und Konflikte beschränkt. Auch im Sinne der Bewerbung Bremens um den Titel „Kulturhauptstadt Europas 2010“ ist dies wichtig und wünschenswert – und macht die Kultur vielleicht doch zu einem interessanten Profilierungsfeld.

Wenn es Kuno Böse wirklich gelingen sollte, das „Werk“, die Politik und den Stil Schultes teilweise fortzusetzen, dann wird er sich nicht nur mit den politischen Gegnern, sondern eben auch mit der eigenen Partei und Fraktion anlegen müssen: In der Kulturszene sehen zahlreiche Politiker der großen Koalition Henning Scherfs immer noch ihre natürlichen Feinde, Kuno Böse wird aber Freund und Förderer dieser Szene in ihrer ganzen Breite sein müssen, wenn er sich über die eigene Provinzfraktion hinaus Gehör und Wirkung verschaffen will. Deutlich werden die Zeichen der Zukunft schon recht bald: Mit der Entscheidung über die StaatsrätInnen des Senators Böse – und deren Kultur-Kompetenz.

Steffen Patzberg