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Gewinnt der Bisam die Wahl?

■ Das Ende der Deichamtswahlen auf dem rechten Weserufer rückt näher. Was lässt sich wollen in diesem Amt? Ein Blick auf das „Parteienspektrum“

Warum die Bisamratte und der Schlammpeitzger per Briefwahl an den laufenden Deichamtswahlen am rechten Weserufer teilnehmen? Weil sie um ihren natürlichen Lebensraum besorgt sind. Die Bisamratte buddelt ihre Gänge mit Vorliebe in künstliche Uferböschungen, weil die so schön steil sind und flach abfallende natürliche Uferzonen wenig Buddelangriffsfläche bieten. Deshalb will der Nager dafür sorgen, dass die aus der Naturschutzliste hervorgegangene Bremer Deichschutzliste ihre seit 15 Jahren bestehende Mehrheit im Deichamt rechts der Weser verliert.

Das Deichamt ist die Mitgliedervertretung, die alle fünf Jahre von den beitragspflichtigen Grundeigentümern in den Bremer Stadtteilen gewählt wird. Damit ist das 30-köpfige Gremium das Beschlussorgan und der Haushaltsverwalter des Deichverbandes. Der sorgt ohne staatliche Zuschüsse dafür, dass in Bremen nicht „landunter“ ist.

Die Deichschutzliste setzt sich nach Auskunft ihres Kandidaten Michael Schirmer dafür ein, dass „Gestaltungsspielräume“ innerhalb der vorgeschriebenen Aufgaben genutzt werden. Zum Beispiel die Renaturierung von Uferzonen: Mit überschüssigen Haushaltsmitteln werden an Be- und Entwässerungsgräben angrenzende Grundstücke angekauft. „Die Umgestaltung der Uferzonen ist auf lange Sicht kostengünstiger als die Instandhaltung von künstlichen Uferböschungen, weil diese unter anderem wegen der Bisamratten leichter wegbrechen“, sagt Gewässerökologe Schirmer.

Was den Bisam ärgert, freut den Fisch. In landwirtschaftlich genutzten Gebieten sind die Wasserstände – wie überall in überschwemmungsgefährdeten Stadtteilen – vorgeschrieben. Während die Natur die Wiesen im Winter mit reichlich Wasser versorgt und sich im Sommer zurückhält, brauchen es die Landwirte für die Bewirtschaftung ihrer Felder anders herum. Deshalb wird der Wasserstand im Winter künstlich „heruntergefahren“. „Das führt dann dazu, dass die Gräben in harten Wintern schneller zufrieren und das Leben in den Feuchtgebieten abstirbt“, sagt Schirmer.

Allerdings gebe es bei den vorgeschriebenen Wasserständen wiederum Spielräume von bis zu 20 Zentimetern. In Absprache mit den betroffenen Landwirten könnten die so hoch beziehungsweise niedrig gehalten werden, dass die Natur nicht leide. „Wir sind aber kein Schlammpeitzgerschutzverein“, weist Schirmer den Verdacht zurück, die Deichschutzliste würde die Aufgaben des Deichamtes zugunsten des Naturschutzes vernachlässigen.

August Kötter, Kandidat der konkurrierenden Bürgergruppe Deichsicherheit, glaubt, dass die Gegenseite eine „Naturschutzbrille“ aufhabe. Bei den letzten Wahlen warb die Bürgergruppe noch damit, dass Mitgliedsbeiträge nicht für „Experimente des Naturschutzes“ verwendet werden dürften. Jetzt heißt es vorsichtiger: „Deichsicherheit und Umweltprojekte weiterhin im Einklang halten“. Andere Unterschiede als die Gewichtung des Naturschutzes kann er zwischen den Listen nicht ausmachen.

Das Programm der Bürgergruppe orientiert sich entsprechend an den Aufgaben, die von der Satzung ohnehin vorgeschrieben sind: Be- und Entwässerung, Pflege der Deiche und Schleusen. Auch „sparsames Wirtschaften“ wird großgeschrieben: Der Deichbeitragssatz, soll bei 0,7 Promille vom Einheitswert der Grundstücke „gehalten“ werden. Ein Wert, den man der Konkurrenz verdankt: Unter der Verantwortung der Deichschutzliste wurde der Beitrag von drei auf 0,7 Promille abgesenkt, wie Ex-Deichhauptmann Gerold Janssen, gern betont.

Auch am linken Weserufer wird derzeit gewählt. Dort gibt es zwar auch eine Bürgergruppe Deichsicherheit, aber die meisten KandidatInnen treten unabhängig auf. Rainer Suckau, angestellter Verbandsingenieur am linken Weserufer, findet, dass die Deichamtswahlen mit politischen Wahlen wie etwa in die Bürgerschaft nicht zu vergleichen sind. „Das ist eine reine Persönlichkeitswahl.“ ei

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