: „Zufrieden, aber nicht begeistert“
Hertha BSC qualifiziert sich durch ein knappes 1:0 in Kaiserslautern für den Uefa-Cup. Doch eigentlich wollten die Berliner in die Champions League
aus Kaiserslautern GÜNTER ROHRBACHER-LIST
So richtig Grund zum Freuen hatten sie nun wahrhaftig nicht, Hertha-Trainer Jürgen Röber und Manager Dieter Hoeneß. In den 90 Minuten auf dem ausverkauften Betzenberg hatten die Spieler um Sebastian Deisler nur ein Tor zustande gebracht, und das gegen einen 1. FC Kaiserslautern, der seine schwachen Vorstellungen der letzten sieben Wochen durch einen überaus beschämenden Schlussauftritt noch krönte.
„Im Moment spüre ich Freude, die Trauer kommt in ein paar Tagen“, schaute Hoeneß zurück auf die vielen verpassten Gelegenheiten in den vergangenen 34 Spielen, die das Erreichen eines Champions-League-Platzes unmöglich gemacht hatten. Immerhin hat Hertha BSC das „Minimalziel Uefa-Cup-Platz“ geschafft, das ihr lange ebenso ambitionierter Gegner in einem permanenten Schwächeanfall seit April jämmerlich verspielte.
Die Anspannung angesichts des möglichen Schreckenszenarios, bei einer Niederlage gegen den 1. FCK gar aus den Uefa-Cup-Rängen zu fallen, stand Jürgen Röber noch lange nach dem Spiel im Gesicht. „Wir wollten uns 90 Minuten für den Erfolg quälen, aber das haben wir nicht getan“, haderte er wegen der vielen vergebenen Chancen von Michael Preetz und Alex Alves. Die beiden hätten bereits in der ersten Halbzeit gegen elf demotivierte Pfälzer, alles klar machen können. Als FCK-Torhüter Georg Koch in der 25. Minute völlig übermotiviert aus seinem Kasten durch den Strafraum stürmte und seine Vorderleute irritierte, schalteten beide Hertha-Angreifer zu langsam und verpassten die Gelegenheit zur frühen Führung. 13 Minuten später zielte Alves nach einem Zuspiel des überragenden Rob Maas zu ungenau, was sich eine Minute vor der Pause beinahe gerächt hätte. Jürgen Röber stand die Angst im Gesicht, als Lauterns Andreas Buck zu umständlich agierte, um für seine Mannschaft das unverdiente 1:0 zu erzielen.
„Wir durften uns nicht darauf verlassen, auf ein 0:0 zu spielen“, erklärte Röber die Wandlung seiner Spieler in der 2. Halbzeit. Deisler wurde viel aktiver, Alves stand nicht mehr so oft im Abseits, und nach gerade mal zwei Minuten hatten die Berliner ihr Ziel erreicht. Hertha-Torwart Gabor Kiraly hatte eben noch vor dem heran stürmenden Miroslav Klose gerettet, als im Gegenzug Alves allein am Lauterer Strafraum auftauchte und den Ball zum 0:1 ins Tor schlenzte.
FCK-Teamchef Andreas Brehme zeigte sich deprimiert. „Wie in einem Freundschaftsspiel“ seien seine Spieler aufgetreten. Sein Offenbarungseid gipfelte im selbst entlarvenden Bekenntnis von Ohnmacht und mangelnder Akzeptanz: „Man kann draußen schreien, wie man will.“
Schreien musste sein Gegenüber Röber überhaupt nicht, dafür zerrte das Bangen um den knappen Vorsprung an seinen Nerven. „Es durfte nichts passieren, und wir haben das zweite und dritte Tor verpasst“, deutete er auf die Schwachstelle in seiner Elf, den Angriff. Diese Schwachstellen müssen in der nächsten Saison rigoros beseitigt werden, geht es nach Manager Hoeneß, der „zufrieden, aber nicht begeistert“ war. Denn die „big points“, wie er die zum großen Glück fehlenden Punkte gegen die direkten Konkurrenten um einen Champions-League-Platz nannte, wurden zu oft verspielt. „Wir müssen unsere Mentalität in den Sechs Punktespielen stärken“, schaute Hoeneß nach vorne und setzt dabei auf einen Sebastian Deisler, der sich nächste Saison bei Hertha noch weiter entwickeln soll. „Was danach ist, entscheidet er“, ließ Hoeneß offen, ob Deisler seinen Vertrag verlängern oder zu Bayern München wechseln wird. Aber immer wieder verfiel der Manager in Wehmut über das verpasste „i-Tüpfelchen“ und das „Sahnehäubchen“ in der gerade beendeten Spielzeit. International wieder dabei zu sein sei „okay“, und im Uefa-Cup wolle man mindestens eine Runde weiterkommen als dieses Mal, dazu Platz drei in der Bundesliga erreichen, um einen der Champions-League-Plätze zu ergattern. Danach soll der ganz große Durchbruch kommen – in die Top Twenty Europas.
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