: Bremems Halli-Galli-Meile boomt
■ Noch mehr Schiffe, noch mehr Delmenhorster: Die Schlachte wird größer, breiter, schneller – ahoi, Freizeitkapitäne!
Früher standen hier Packhäuser mit Handelskontoren, Hafenarbeiter entluden mit Wuppen und Kränen Waren aus aller Welt. Doch seit dem Bau des neuen Bremer Hafens in Vegesack anno 1619 verlor sie immer mehr an Bedeutung. Erst seit dem Ende des letzten Jahrhunderts ist sie wieder bevölkert – vor allem mit Delmenhorstern: die Schlachte. Früher war der Vogt Chef des Bremer Hafens, heute regieren auf Bremens Halli-Galli-Meile Bier, Spezi, Sushi und Pfannkuchen. 1,3 Millionen Besucher zählte die Schlachte im vergangenen Jahr, 450 Jobs entstanden, 2.000 Sitzplätze gibt es mittlerweile an der Bummelmeile.
Und es soll noch doller kommen: „Der Tourismus-Magnet wächst weiter“, verkündet die Bremer Touristik-Zentrale. Die Schlachte wird ausgebaut. Wirtschaftssenator Josef Hattig (CDU) plant jetzt die Renovierung der Weserpromenade vom Tiefer bis zum Osterdeich. Von der Wilhelm-Kaisen-Brücke bis zur Westkurve des Weserstadions will Hattig bis 2006 für 3,4 Millionen Mark Wege verbreitern, neue Rastplätze und Bootsanleger für Flusskreuzfahrtschiffe schaffen. Mittelfristig sollen alle Fahrgastschiffe am Anleger an der Bürgermeister-Smidt-Brücke festmachen.
Bald werden noch mehr Schiffe am alten Bremer Hafen anlegen. Jetzt schon sind Geburtstage und Hochzeiten im neuen Restaurantschiff „Deichgraf“ gebucht, das im Sommer in der Nähe des Betonschiffes „MS Treue“ ankern will.
Im Juli wird eine Marina an der Stephanie-Brücke eröffnen, die ers-te Anlegemöglichkeit für Privat-Boote mitten in Bremen. „Mit den Sportbooten, die hier festmachen, kommen neue Wasser-Touristen in die Stadt“, freut sich Peter Siemering, Chef der Bremer Touristik-Zentrale über die neue, finanzkräftige Klientel. Ahoi, Freizeitkapitäne!
Und noch jemand will an der Schlachte anlegen: der liebe Gott. Die evangelische Kirche plant, ein holländisches Plattbodenschiff zu kaufen, das ab Frühjahr 2002 als „Jugendkutter“ zum Jugendtreff werden soll.
An der Tiefer wirft indes noch diesen Sommer ein Theaterschiff für immer den Anker. Nach dem Umbau des 77 Meter langen Pottes plant hier ein Heidelberger Unternehmer, ab 2003 vor allem mit Kabarettshows Zuschauer anzuziehen.
Hintergrund des verstärkten Schlachtetreibens ist übrigens eine schlichte Zuständigkeitsänderung. „Bislang war die Schlachte eine Bundeswasserstraße, jetzt ist sie wieder stadtbremisches Hafengebiet“, sagte Senator Hattig. Jetzt liege alles wieder in bremischer Hand. Das vereinfacht einiges für Schlachtewirte und Anlieger. Nur eins ändert sich nicht: Auch alle neuen Schiffe müssen unter den alten Bremer Brücken hindurchpassen. ksc
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen