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Raubzug der Börde-Wikinger

Nach zehn Titeln in der DDR wird der SC Magdeburg nach dem 30:23 gegen Flensburg auch gesamtdeutscher Meister und kann nun kühn den Gewinn der Champions League anpeilen

aus Magdeburg ANKE BARNKOTHE

„Ich freue mich, dass wir den Serienmeister Kiel ablösen konnten, und ich glaube, meine Mannschaft hat sich das wirklich verdient“, sagt Trainer Alfred Gislason, nachdem sein SC Magdeburg durch ein 30:23 gegen die SG Flensburg-Handewitt deutscher Handballmeister geworden war. Der isländische Historiker hatte sein Team mit Wikinger-Mythen auf den Saisonendspurt eingeschworen. Ein psychologischer Schachzug, der besonders auf seinen Landsmann Olafur Stefansson gewirkt haben muss, der mit acht Treffern erfolgreichster Werfer des Endspiels war. Mit ebenfalls starken Leistungen verabschiedeten sich Rückraumspieler Wassili Kudinow und Torwart Henning Fritz aus Magdeburg. Der eine geht nach einer erfüllten Karriere in Europa nach Japan und Letztgenannter nach 13 Jahren SCM – na? Richtig! – zum THW nach Kiel.

Der Dreikampf in der Handballbundesliga hatte zur Überraschung vieler bereits frühzeitig ohne die in den letzten Jahren dominierenden Kieler stattgefunden. Der gegen Barcelona unterlegene Halbfinalist der Champions League kam diesmal nur auf Rang fünf und steht nach der Saison 2000/2001 ohne Titel da. Dank des erfolgreichen Abschneidens der deutschen Mannschaften im Europacup kann der THW in der nächsten Saison aber dennoch am europäischen Wettbewerb teilnehmen.

Weil am vergangenen Mittwoch der TBV Lemgo beim TV Großwallstadt gestrauchelt war, kam es am letzten Spieltag zum direkten Endspiel zwischen dem zehnmaligen DDR-Meister Magdeburg und der SG Flensburg-Handewitt. Kein Wunder also, dass bei so viel Spannung die 7.000 Plätze in der Magdeburger Bördelandhalle nicht ausreichten. Weitere 8.000 Menschen fanden sich vor einer Großbildleinwand vor dem alten Rathaus ein, und auch das „Openair-Handball-Studio“ in Flensburg war ausverkauft. „Natürlich ist Magdeburg wegen des Heimvorteils Favorit, doch gewinnen werden wir“, gab sich Flensburgs Trainer Erik Veje Rasmussen vor dem Spiel zuversichtlich. Für die Nordlichter ging es nicht nur um den Titel, sondern vor allem darum, innerhalb von sechs Jahren nicht zum fünften Mal nur Zweiter zu werden.

25 Minuten lang hatte es auch ganz so ausgesehen, als ob der Flensburger Meistertraum endlich in Erfüllung gehen sollte. Durch unkonzentrierte Aktionen im Magdeburger Angriff kam Flensburg zu einfachen Gegenstoßtoren und führte stets mit ein bis drei Treffern. Danach griff Magdeburgs Trainer Alfred Gislason zum entscheidenden Mittel. Er wechselte seinen seit Wochen mit einem lädierten Meniskus mehr humpelnden als laufenden Spielmacher Oleg Kuleschow ein. Der 27-jährige russische Nationalspieler vermochte trotz Verletzung das Spiel in geordnete Bahnen zu lenken, und so steuerte Magdeburg bereits von der 40. Minute an dem sicheren Sieg entgegen. Was Erik Veje Rasmussen nach dem ernüchternd klaren 23:30 anmerken ließ: „Magdeburg hat heute verdient gewonnen.“

Sein Manager Dierk Schmäschke hatte sich ebenso wie der Großteil des Flensburger Teams bald nach dem Abpfiff wieder gefangen: „Wir sind langsam schon dabei, das Spiel abzuhaken. Keiner hat uns auf der Reihe gehabt, und wir haben eine Supersaison gespielt. Wir haben den Supercup und den Europacup der Pokalsieger gewonnen.“ Für die nächste Spielzeit schickt Schmäschke schon einmal ein paar Grüße an den Lieblingsgegner. „Nächstes Jahr heißt der letzte Spieltag Flensburg gegen Kiel, und dann werden wir Deutscher Meister.“

Auch auf Magdeburger Seite schien der Exmeister allgegenwärtig: Manager Bernd-Uwe Hildebrand, der Keeper Fritz gen Norden ziehen lässt, dafür aber um Kiels überragenden Rückraumschützen Nenad Perunicic, der gern an die Börde wechseln möchte, kämpft, richtet nach dem EHF-Pokal und der Meisterschale den Blick schon wieder nach vorn: „Vor allem freue ich mich, dass wir jetzt endlich auch das gewinnen können, was hier immer alle gewinnen wollen: die Champions League.“ Und auch Trainer Gislason ist überzeugt: „Wir haben im Europacup bewiesen, dass wir überall mithalten können.“

Und so scheint doch zumindest der Handballgott ein fairer Typ zu sein, denn am Ende sind alle irgendwie glücklich und zufrieden. Auch die Flensburger. Die konnten wenigstens den Titel des ewigen Zweiten ablegen. Vizemeister wurde aufgrund des besseren Torverhältnisses der TBV Lemgo. Dafür liegt Flensburg als Dritter endlich vor dem THW Kiel. „Wir wollten Schleswig-Holstein-Meister werden. Das haben wir geschafft“, befand Trainer Erik Veje Rasmussen.

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