: Veränderte Rahmenbedingungen
betr.: „Vom Selbstverständlichen im Umgang mit Menschen“, Serie von Peter Fuchs im Kulturteil
Als die Artikelserie begann, haben wir uns sehr gefreut, dass dem Thema „Leben von und Arbeiten mit behinderten Menschen“ in der taz so viel Platz eingeräumt wurde, was aus unserer Sicht lange überfällig war. Trotzdem wuchs im Laufe der Serie unsere Verärgerung über den Tenor und den Blickwinkel der Artikelserie.
Natürlich stand in den Artikeln nichts „Falsches“, und auch wir sind der Meinung, dass es sich um eine Profession und einen Beruf wie jeden anderen handelt. [...] Die Artikelserie von Herrn Fuchs suggeriert allerdings, dass mit einer umfassenden, richtigen Ausbildung und der korrekten menschlichen Einstellung und Empathie in der Behindertenarbeit alles bestens wäre. Unser Erleben vom Alltag der Menschen, die in Behinderteneinrichtungen leben, ist allerdings anders.
Vor allem für behinderte Menschen, die in der Gesellschaft nicht mehr produktiv (das heißt gewinnbringend) eingesetzt oder „integriert“ werden können, wurden die Lebensverhältnisse in den letzten Jahren massiv schlechter. Der Grund hierfür sind Kürzung und Umverteilung von sowieso schon knappen Mitteln, dadurch Vergrößerung der Wohneinheiten, Straffung der Arbeitsabläufe, Kürzung von Personal und zunehmend auch Einstellen von kaum oder nicht ausgebildeten Arbeitskräften. Leute mit der von Herrn Fuchs im letzten Teil der Artikelserie erwähnten akademischen Ausbildung arbeiten kaum noch im Wohngruppenbereich (das heißt: im Alltag und ständigen Kontakt mit Behinderten) – da zu teuer.
Wir sind enttäuscht, dass über diese Veränderung der Rahmenbedingungen (unter denen Menschen mit Behinderungen auch leiden) in sieben ausführlichen Artikeln kein Wort verloren wurde. [...] Deshalb finden wir, dass die Auswirkungen dieser Sozialpolitik auf die Betroffenen in Behinderteneinrichtungen ebenfalls mal von kompetenter Seite ausführlicher dargelegt werden sollten. Die taz als interessierte überregionale Tageszeitung wäre doch ein gutes Forum dafür!
THOMAS BREITLING, JÖRG PASARGE, Hannover
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