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Immer nur Indizien

Die Beweisaufnahme im Prozess um den Mord an dem guatemaltekischen Weihbischof Gerardi ist abgeschlossen

SAN SALVADOR taz ■ Dieser Prozess ist wie ein Spiegel Guatemalas. Er zeigt die mitunter gewalttätige Arroganz der Macht, das hilflose Herumrudern der Justiz und dass der vor viereinhalb Jahren vom damaligen Präsidenten Alvaro Arzú unterzeichnete Friedensvertrag zur Beendigung des Bürgerkriegs nichts wert ist.

Es geht um den Mord an Weihbischof Juan Gerardi. Am 26. April 1998 war er in seinem Pfarrhaus im Zentrum von Guatemala-Stadt erschlagen worden. Zwei Tage zuvor hatte er einen Bericht über Menschenrechtsverletzungen während des 36-jährigen Bürgerkriegs veröffentlicht. 80 Prozent der darin aufgelisteten 55.000 Verbrechen werden der Armee angelastet.

Seit dem 23. März stehen drei Militärs, ein Geistlicher und seine Haushälterin vor Gericht. Byron Lima und Obdulio Villanueva, beide Mitglieder der Präsidentengarde, sollen Gerardi erschlagen haben. Disrael Lima, der Vater Byrons und ehemals Chef des militärischen Geheimdiensts, soll draußen auf der Straße im Fluchtwagen gewartet haben. Der Priester Mario Orantes, der mit dem Weihbischof das Pfarrhaus teilte, soll die Mörder ins Haus gelassen haben. Und die Haushälterin soll danach die Spuren beseitigt haben.

Inzwischen sind mehr als 200 Zeugen vernommen worden, und vieles weist darauf hin, dass es genau so war. Aber es gibt kein Geständnis und keine direkten Augenzeugen, und so bleibt die Unsicherheit eines Indizienprozesses. Und es bleibt unklar, ob die Mörder auf eigene Rechnung oder im Auftrag handelten.

Es ist fast schon ein Wunder, dass es überhaupt zum Prozess gekommen ist. Zuerst wollte die Staatsanwaltschaft einen Alkoholiker, dann einen kleinen Drogendealer, schließlich sogar einen altersschwachen Schäferhund für den Mord verantwortlich machen. Als dann die jetzigen Angeklagten in Untersuchungshaft saßen, intervenierte der damalige Präsident Arzú. Er schickte seinen Bruder Antonio zum Gerardi-Nachfolger Mario Ríos Montt, um einen Deal zu vereinbaren: Priester Orantes werde freigelassen, wenn die Kirche ihrerseits die drei Militärs für unschuldig erkläre.

Ein verlockendes Angebot. Denn Orantes – das wurde im Prozess öffentlich – ist ein psychisches und körperliches Wrack, das sich die Nächte mit Porno- und Gewaltvideos vertrieb. Für die konservative Kirche mehr als nur peinlich. Doch Bischof Ríos Montt lehnte den Handel ab und erzählte die Geschichte stattdessen vor Gericht. Auch Arzú sollte dazu vernommen werden. Doch der ist als Expräsident automatisch Mitglied des Zentralamerikanischen Parlaments. Das Gremium ist völlig unbedeutend. Doch seine Mitglieder genießen Immunität und müssen als Zeugen nicht vor Gericht erscheinen. Arzú erschien nicht. Die Rolle des Expräsidenten bleibt deshalb im Dunkeln. Klar ist nur: Der militärische Geheimdienst hat jahrelang Gerardis Telefon überwacht. Villanueva bezahlte zwei Jahre lang einen Bettler, damit der vor dem Pfarrhaus alle Bewegungen registrierte. Am Tag des Mordes sagte er ihm: „Heute Nacht kommst du besser nicht. Es wird jemand umgebracht.“ Vom Zimmer des Priesters Orantes zur Garage, wo der Leichnam Gerardis gefunden wurde, führt eine Blutspur. Alles nur Indizien, die das Gericht nun zu bewerten hat.

Die drei Richter stehen unter enormem Druck. Kurz vor Beginn des Prozesses explodierte vor dem Haus einer Richterin der Kammer eine Splittergranate. Der Vorsitzende Richter erhielt während der Zeugenvernehmungen Todesdrohungen. Der Termin für die Urteilsverkündung steht noch nicht fest.

TONI KEPPELER

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