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Master of Wealth

Uni nimmt 19.000 Mark Gebühren für Aufbaustudiengang in Steuerrecht  ■ von Kaija Kutter

Ab 1. Oktober bietet die Uni Hamburg erstmals einen Studiengang an, der komplett über Gebühren finanziert wird. 19.000 Mark soll jeder der 30 Teilnehmer für den Kurs zahlen, der Juristen und Betriebswirte zum „Master of International Taxation“ bildet. Das dauert zehn Monate lang, jeweils zwei Tage die Woche.

Erschaffen wurde der Studiengang von dem Juristen Gerrit Frotscher, der auf einer Teilzeitprofessur am interdiziplinären „Institut für Ausländisches und Internationales Finanz- und Steuerrecht“ forscht. Der in Deutschland einzigartige Kurs, so versichert er, gehe „nicht vom Lehrdeputat der Uni ab“. Die Referenten kämen größtenteils nicht aus Hamburg, zehn von ihnen wären gar aus den Ausland.

Uni und Wissenschaftsbehörde (BWF) versichern, dass der Kurs mit dem Erststudium nichts zu tun habe. Steht doch auch im neuen Hochschulgesetz, dass das „grundständige Studium“ kostenfrei sei. „Der Studiengang ist inhaltlich auf sehr hohem Niveau. Das braucht eigentlich keiner“, sagt BWF-Sprecherin Tanja Schmedt: „Das ist so, als wenn sie kostenpflichtig einen extra Ruderkurs einrichten.“ Der Kurs biete einen „Zugewinn an Kompetenz und Einkommen“, sagt Uni-Sprecherin Frauke Hamann. Die Finanzierung durch Teilnehmer sei „tatsächlich eine neue Qualität“.

„Aufbaustudiengänge sollten kostenfrei sein“, fordert Fabian Klabunde von grünen Asta. Er habe im Akademischen Senat dagegen gestimmt, „auch weil wir uns Fragen, ob so was überhaupt an die Uni gehört“. Gleichwohl habe er in diesem Fall keine Skrupel, Gebühren zu nehmen: „Das ist ein Aufbaustudiengang zum reich werden“.

„Der Zugang über Geld ist nicht einsichtig“, hält Uwe Giffei, Hochschulexperte der Bürgerschaftsgruppe Regenbogen, entgegen. „Warum dürfen nur die, die Geld im Kreuz haben, auch reich werden?“ Addiert mit Lebenshaltungskosten bräuchten Teilnehmer gar 33.000 Mark.

Der Kurs sei „optimal“ für die Wartezeit nach dem ersten Examen aufs Referendariat und, so vermutet Giffei, wohl auch dafür gemacht. Stutzig mache ihn, dass ausländische Bachelor-Absolventen (BA) zugelassen werden, wie er in der Antwort auf eine „Kleine Anfrage“ erfuhr, deutsche aber nicht. „Entweder, der deutsche BA ist soviel schlechter. Oder er wurde absichtlich ausgenommen, weil das Erststudium nichts kosten darf.“

Die Regenbogengruppe fürchtet, dass diesem ersten weitere kostenpflichtige postgraduale Studiengänge folgen, weil das neue Hochschulgesetz dies erlaubt. Giffei: „Es gibt hohen Bedarf an interdiziplinären Spezialwissenschaften, da kann man sich 1000 tolle Sachen ausdenken. Nur kann die Uni es nicht finanzieren.“ Statt gleich interdisziplinär im Studium zu lehren, würde „wirkliche Studienreform“ nur noch in postgradualen Studiengängen mit hohen Gebühren stattfinden, mutmaßt auch die Regenbogen-Abgeordnete Julia Koppke. Dies sei „ein Schlag ins Gesicht“ für alle, die sich dies in ihrem Studium nicht aneignen könnten.

Der Veranstalter selbst entschuldigt sich auf seiner Homepage für die Kosten. Die Uni habe leider nicht die nötigen Mittel. Insgeheim aber, so hört man im Behördenapparat, sei er ganz froh über die öffentliche Kritik, die das Angebot immerhin bekannt macht.

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