Kommentar: Volles Risiko
■ Warum der Amtswechsel in der Innenbehörde Rundes letzte Chance ist
Das ist ein arg riskantes Spiel, zu dem Bürgermeister Ortwin Runde und Parteichef Olaf Scholz sich entschlossen haben. Aber eine verheißungsvolle Alternative hatten sie nicht: Den angeschlagenen Innensenator Wrocklage noch vier Monate lang als Watschenmann im Amt zu halten, wäre politischer Selbstentleibung an der Wahlurne nahegekommen. Mit dem erzwungenen Rücktritt des glücklosen Senators und einem neuen Mann auf dem Chefsessel der Innenbehörde hofft Runde, Entschlusskraft zu demonstrieren und das Heft des Handelns wieder in die hand zu bekommen.
Folgerichtig ist es deshalb, dass der beim Bundeskanzler so wohlgelittene Olaf Scholz seine bundespolitischen Ambitionen ohne Rückversicherung aufgibt. Denn er sitzt ohnehin mit im Boot, bei einer SPD-Wahlniederlage im September würden Parteichef und Bürgermeister gemeinsam die Konsequenzen zu ziehen haben.
Runde und Scholz, der Bürgermeister und sein Vorsitzender, waren es, die das Wahlkampfkonzept der Hanse-SPD geschrieben haben; sie sind es, die die Irrationalität unterschätzt haben, die das Thema Innere Sicherheit im Wahlkampf bekommt. Ein Problem mit diesen emotional hochgeputschten Dimensionen, für die CDU, Schill und Springer-Presse kräftig sorgen, ist mit Sachargumenten, Statistiken und kühlem Kopf nicht zu entschärfen.
Es ist ihrer beider Fehler, den sie nun gemeinsam korrigieren müssen. Viel Zeit haben sie dafür nicht, und ob sie Erfolg haben werden, ist fraglich. Eine andere Chance aber hatten sie ohnehin nicht mehr. Sven-Michael Veit
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