Nicht mal ein Kranz mit Gedenkschleife

Dessau müht sich um das Gedenken an die Ermordung von Alberto Adriano. Doch es will nicht recht gelingen

DESSAU taz ■ Vor einem Jahr läutete der Tod von Alberto Adriano den „Aufstand der Anständigen“ ein. Gestern war die schlichte Stele neben der Blutbuche, an dem der Vater dreier Kinder tödlich verletzt wurde, mit Blumensträußen bedeckt. Ein „Fest der Begegnung“, organisiert von Polizei, multikulturellem Zentrum und Stadttheater lud zum Gedenken ein. Gerade einmal 200 Bürger fanden an diesem wolkenverhangenen Pfingstmontag den Weg in den Stadtpark von Dessau.

Adriano, ein 39-jähriger ehemaliger Vertragsarbeiter aus Mosambik, war in der Nacht zum 11. Juni 2000 von drei bekennenden Rechtsextremisten im Stadtpark geschlagen, ausgezogen und ins Koma getreten worden. Er starb drei Tage später. Angesichts der medialen Aufmerksamkeit zog die Bundesanwaltschaft das Verfahren an sich. Der 24-jährige Haupttäter wurde Ende August 2000 wegen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt.

Gestern glänzte die Landesregierung durch Abwesenheit. Vor einem Jahr hatte Ministerpräsident Reinhard Höppner (SPD) hier seinen Landeskindern diktiert, wer zulasse, dass die rechten Gewalttaten alltäglich würden, werde Teil der Gewalt. Dem parteilosen Bürgermeister Hans-Georg Otto ist Alberto Adriano nicht einmal einen Kranz mit Gedenkschleife wert. Ein Blumengebinde und ein Händedruck für Angelika Adriano, die noch immer auf Unterstützung aus dem Opferentschädigungsfonds wartet – dann eilt er davon. Polizeichef Gerald Kohl erklärt, dass „Dessau nie eine rechte Hochburg war“ und auch heute keine sei. Im vergangenen Jahr habe die Polizei den Dialog mit den ausländischen Mitbürgern aufgenommen.

Sätze, die bei den rund 100 anwesenden Asylbwerbern und Afrodeutschen Kopfschütteln hervorrufen. Ein 28-jähriger Flüchtling aus Sierra Leone zeigt auf seinen fehlenden Schneidezahn. Acht Rechte hatten ihn vor zwei Jahren in der Innenstadt angegriffen. Hauptproblem seien jedoch die ständigen Polizeikontrollen und die Residenzpflicht, die ihn zu „einem Leben in Isolation“ verdamme. Seine Freunde sind mit „Free Movement“-Transparenten angereist. Sie berichten von Polizisten, die sie nach rechten Übergriffen mit den Worten „Go back to Africa“ abfertigten. Im Park übertönt die Marschmusik des Landespolizeiorchesters die Trommler aus Togo. HEIKE KLEFFNER