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Der Fürst des Ekels

Das ganze Leben im Dienste der Revolution. Zum 80. Geburtstag von Prinz Philip

Als Mr. und Ms. Battenberg könnte man in irgendeinem netten Land mit mildem Klima leben

Um wie viel enervierender und ekliger das Leben als Mitglied einer königlichen Familie gegenüber dem in einer normalen rotblütigen sein muss, bewies zuletzt am verganenen Wochenende der nepalesische Kronprinz Dipendra. Wo es durchschnittliche Amokläufer im Höchstfall gelingt, die Eltern, einen Bruder und den einen oder anderen Unbeteiligten zu töten, schaffte Dipendra sie mit minimalem Aufwand alle, bis auf einen Onkel, der sich vermutlich feige versteckt hatte.

Wasser auf die Mühlen eines Mannes, der sich bereits in frühester Jugend, von der Öffentlichkeit weitgehend unbemerkt, dem nimmermüden Kampf gegen den Adel und die Monarchie verschrieben hat: Prinz Philip.

Was für ein ausgemachter Scheißdreck so ein adeliges Leben sein kann, erfuhr Philip schon sehr früh. Bei seinen Eltern, dem griechischen Prinzen Andreas und der hessischen Prinzessin Alice von Battenberg, durfte er nur 18 Monate lang leben, dann hatte sich der spielsüchtige Vater nach Monte Carlo und die frömmelnde Mutter in ein Kloster abgesetzt. Während bürgerliche Kinder in solchen Fällen im örtlichen Waisenhaus, einem Haus mit Garten und fortschrittlich gesonnenen Erziehern, Zuflucht finden, wurde Philip in verschiedenen, zweifellos ebenso baufälligen wie muffigen Schlössern der Verwandtschaft beherbergt. Und im Jahr 1943 der jungen Prinzessin Elizabeth vorgestellt.

Der zielstrebige junge Mann erkannte rasch die einmalige Chance, die sich ihm bot. George VI. trank gern, allzu lange könnte es also nicht dauern, bis seine Tochter Elizabeth die Nachfolge antreten sollte. Als Gemahl der Königin würde Philip dann mit gezielten Bemerkungen für Unmut und Revolution bei den Untertanen sorgen. Als Mr. und Ms. Battenberg, nun gut, Battenberg-Windsor, wenn sie auf einem Doppelnamen bestand, könnte man dann in irgendeinem netten Land mit mildem Klima leben, das vorausschauend beiseite geschaffte Geld ausgeben und im Großen und Ganzen seine Ruhe haben. Wenn sie wollte, könnte sie sogar ein Pferd haben, vorausgesetzt, sie kümmerte sich selbst um das Viech.

Knapp fünf Jahre nach der Hochzeit war es dann so weit: Elizabeth wurde Königin. Und Philip machte sich gleich an die zügige Umsetzung seines Plans. Den Kanadiern erklärte er beispielweise sofort beim ersten Staatsbesuch, man sei „nicht zum Spaß hier. Weiß Gott, wir wüssten auch was Besseres mit unserer Zeit anzufangen.“ Die erhoffte Revolution blieb aus. Auch mit den Schotten konnte er nicht rechnen, so viel stand schnell fest. Immer wieder bemühte sich der Prinz dort um ausgesucht schlechtes Benehmen, immer wieder taten die verdammten Dreckskerle jedoch so, als hätten sie ihn nicht gehört. Auch als er einen Fahrlehrer fragte, wie es ihm nur gelänge, „die Einheimischen vom Suff fern zu halten, bis sie die Prüfung geschafft haben“, erntete er keinerlei Reaktionen.

Das war ein harter Schlag für Philip. Zumal gleichzeitig zu Hause auch nicht alles zum Besten stand. Die Ehefrau entwickelte Königinnen-Allüren, die Tochter interessierte sich nur für Lebewesen, wenn sie „über Hürden springen, dabei furzen und Heu fressen“, und der älteste Sohn war ein Weichei. Zu allem Überfluss sprangen überall eklige kleine Hunde herum, die ihn jedes Mal, wenn er von einem seiner außerehelichen Abenteuer nach Hause kam, verbellten.

Prinz Philip bemühte sich jedoch unverdrossen weiter, das große Ziel zu erreichen. Auch wenn er inzwischen nicht mehr sicher war, ob er nach der Abschaffung der Monarchie tatsächlich weiter mit dieser schrecklichen Familie zusammenleben wollte. Aber das würde er dann ja auch nicht mehr müssen. Hilfe würde jedoch nach all der langen Zeit, in der sich die Bewohner des Commonwealth als absolut revolutionsresistent erwiesen hatten, nur noch vom Ausland zu erwarten sein. Philip setzte sich ein neues Ziel: in jedem Land, das er mit Elizabeth zu bereisen gezwungen war, die größtmögliche Menge Einwohner zu beleidigen. In China erklärte er kurzerhand Peking zu einer „grässlichen Stadt“ und warnte die dortigen englischen Austauschstudenten, wenn sie noch länger dort blieben, bekämen sie Schlitzaugen. Nichts geschah. Philip wurde immer ungeduldiger. Brasilien könne ein schönes Land sein, wenn dort nur nicht „so viele Brasilianer lebten“, versuchte er, die Südamerikaner für seine Sache einzuspannen. „Willkommen, Herr Reichskanzler!“, begrüßte er ebenso folgenlos den seinerzeitigen Bundeskanzler Helmut Kohl auf Deutsch.

Kurz vor seinem 80. Geburtstag musste Philip sich dann eingestehen, dass seine Mission gescheitert war. Nicht mal ein spektakulärer Abgang wollte ihm glücken. Dabei hatte er Charles zuletzt doch nun wirklich ausgesucht derb beleidigt. Und ihm sogar eine MP zukommen lassen, übrigens das gleiche Modell, wie es Dipendra in Nepal neulich so erfolgreich eingesetzt hatte. Nichts. Wieder nichts. Das ganze Leben eine einzige Tragödie. ELKE WITTICH

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