: Europa gibt Kraft
Mit einem Sieg im dritten Finalspiel gegen Bonn holt sich Alba Berlin die fünfte Basketball-Meisterschaft in Folge
BERLIN taz ■ Es brauchte schon einen besonderen Anstoß, die Spieler der Baskets Bonn daran zu erinnern, dass sie in einem Finale standen und warum es sie dorthin verschlagen hatte. Erst nach einer Rangelei von Bonns Spielmacher Mark Miller mit Albas Marko Pesic, die dem Berliner im zweiten Viertel vier Freiwürfe in Folge einbrachte, zeigten die Rheinländer im dritten Endspiel um die deutsche Meisterschaft jenes Feuer und jenen Biss, den sie bis dahin in dieser Serie schmählich hatten vermissen lassen. Dank aggressiver Defense hielten sie die Partie bis zum Ende offen, allein es reichte nicht. Strotzend vor Selbstbewusstsein und mit einem wie stets ultrakühlen Wendell Alexis gewannen die Berliner mit 81:77 auch diese Partie. Immerhin hatten die Bonner aber dafür gesorgt, dass die 8.500 Zuschauer in der ausverkauften Berliner Max-Schmeling-Halle noch einmal ein echtes, spannendes Basketballspiel sahen.
Dass Alba mit dem 3:0 in der Finalserie gegen Bonn seinen fünften Meistertitel in Folge holte, war wenig sensationell, die Art, wie dies geschah, aber sehr wohl. Nur zwei Niederlagen kassierte das Team in der gesamten Bundesliga-Saison, eine gegen Würzburg, als man man mitten in der SuproLeague-Viertelfinalserie gegen das europäische Spitzenteam Panathinaikos Athen stand, die andere bei den Frankfurt Skyliners in der ersten Runde der Play-offs, die eigentlich als heißes Kräftemessen der Spitzenklubs projektiert war. Hatten sich doch diverse Teams vor der Saison mächtig verstärkt, um den Berlinern endlich Paroli bieten zu können, so dass allenthalben von der stärksten Bundesliga aller Zeiten die Rede war.
Alba hingegen hatte nicht nur seinen Meistertrainer Svetislav Pesic verloren, sondern auch eine ganze Hand voll Leistungsträger. Und statt viel Geld für neue Stars auszugeben, vollzog man lieber eine Art Fusion mit dem hauseigenen Farmteam TuS Lichterfelde, das den sportlich errungenen Bundesligaaufstieg nicht realisieren durfte. Stattdessen wechselten Trainer Emir Mutapcic sowie die Nachwuchskräfte Stefano Garris, Sven Schultze, Tommy Thorwarth und Stipo Papic endgültig in den Alba-Kader, wo sie schon gelegentlich ausgeholfen hatten. Wegen einiger Verletzungen älterer Spieler kamen sie mehr zum Einsatz als geplant.
Nicht einmal Mutapcic vermochte die Dominanz in der Liga unter solch eher widrigen Umständen schlüssig zu erklären. „Dass wir um den 1. Platz spielen, war klar“, sagte der Coach nach dem Titelgewinn, „aber wie wir das getan haben, das war eine Überraschung für die Bundesliga, für Europa und auch für mich.“ Lange Zeit hatte die Last dabei, vor allem im europäischen Maßstab, auf den Schultern der etablierten Spieler geruht, die außer Center Dejan Koturovic und dem aus Bonn gekommenen Spielmacher Derrick Phelps dem Klub schon lange verbunden sind. Gerade die Play-offs zeigten jedoch, dass die Alba-Veteranen Henrik Rödl, Wendell Alexis, Marko Pesic, Jörg Lütcke und Teoman Öztürk zunehmend Unterstützung durch den Nachwuchs erhielten. Weder die gefürchtete Defense, noch das geschlossene, souveräne Mannschaftsspiel, die beiden hervorstechendsten Alba-Trümpfe, litten nennenswert, wenn die Stars pausierten. Den Ausschlag in kritischen Situationen gab dann neben der Coolness von Alexis, den Skyliners-Coach Stefan Koch als besten Basketballer bezeichnete, „der je in der Bundesliga gespielt hat“, oft das ausgeprägte Selbstbewusstsein der Berliner, das nach Meinung von Liga-Chef Otto Reintjes durch gelungene internationale Auftritte genährt wurde. „Die Kraft und die Souveränität, mit der Alba die Meisterschaft gewann, hat sich das Team in der SuproLeague geholt.“
Dennoch ist fraglich, ob die Mannschaft das Zeug hat, kommende Saison eine herausragende Rolle in der Euroleague zu spielen, die dann wieder aus den stärksten Teams bestehen wird. Nachdem die Kooperation zwischen dem Weltverband Fiba und der vom spanischen Kommunikationskonzern Telefónica unterstützen Konkurrenzliga am Fiba-Veto gescheitert ist, haben sich die großen südeuropäischen Klubs nahezu geschlossen für die Privatliga entschieden. Bis heute muss Alba erklären, ob es sein Startrecht für die kommenden zwei Jahre wahrnehmen will. „Wir möchten da spielen“, sagte Manager Carsten Kerner, aber es seien noch viele Details zu klären.
Das gilt auch für die Mannschaft. Vier Verträge, die von Alexis, Phelps, Lütcke und Öztürk, laufen aus, der finanzielle Spielraum ist begrenzt. Coach Mutapcic glaubt, dass sein Team auch mit dem aktuellen Kader „in Europa Spitze werden kann“, Alba-Präsident Dieter Hauert ist da skeptischer: „Für Europa fürchte ich, reicht es immer noch nicht zum ganz großen Wurf.“ Den ermöglicht wohl doch nur großes Geld. MATTI LIESKE
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