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Vorletztes Aufgebot

■ SPD legt Zahlen vor, um ihre Sparpolitik gegen Vorwürfe zu verteidigen

Jan Ehlers fühlt sich auf den Plan gerufen. Jahrelang habe er keine Pressekonferenz mehr gegeben, sagt der frühere mächtige Sozialsenator und jetzige Haushaltsexperte der SPD-Fraktion. Doch jetzt melde er sich zu Wort, „weil wir Gefahr laufen, dass bestimmte Informationen nicht mehr eingeordnet werden können und zu einer Menge von Missverständnissen führen“. Was letztlich zum Verlust der sozialdemokratischen Regierungsmacht führen könnte, wie ungesagt mitschwingt. Deshalb haben er und SPD-Fraktionsvizechef Walter Zuckerer sich Zahlen kommen lassen, um die Öffentlichkeit zu überzeugen: Der SPD-geführte Senat macht eine solide Finanzpolitik.

So legte Ehlers Statistiken vor, mit denen er auf die Klagen der Richterschaft aus der Vorwoche reagierte (taz berichtete). Dass die RichterInnen unter einer starken Arbeitsbelastung litten, sei unbestritten. Die Statistik weise jedoch aus, dass sich das im bundesweiten Vergleich auf die Dauer der Gerichtsverfahren nicht ausdehne: „Die Richter haben sich selbst schlechter gerechnet, als sie sind.“ Ehlers hielt es für „blauäugig anzunehmen, das habe mit der bevorstehenden Bürgerschaftswahl nichts zu tun“, dass die JuristInnen gerade jetzt an die Öffentlichkeit gegangen seien.

Zuckerer sprang ihm zur Seite. „Eine Regierungskoalition kann sich nicht zum Sprachrohr einzelner Interessensgruppen machen“, hielt er den LehrerInnen, RichterInnen, PolizistInnen und all den anderen entgegen, die jetzt nach mehr Personal rufen. Die SPD habe das Grundproblem, „unter dem Diktum der Sparpolitik eine Gerechtigkeitsbalance herzustellen“. Die WählerIn müsse letztlich entscheiden, „ob dieser Gesamtrahmen stimmt oder nicht“.

Die Vorstellungen der CDU, Einsparungen bei Justiz, Polizei, Kinderbetreuung und Bücherhallen zurückzunehmen, nannte er „spielerisch und nicht finanzierbar, wenn auch wünschenswert“. Dagegen versuche die SPD, trotz des Sparzwanges Standards zu halten: So gebe es in Hamburg keinerlei Debatte über verlängerte Arbeitszeiten im Öffentlichen Dienst, es gebe in Zukunft auch keine Personalkürzungen mehr. Wo denn dann künftig eingespart werde, konnten beide aber nicht sagen: „Das wäre Stochern im Nebel.“ Peter Ahrens

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