Erwerbslose bis auf weiteres auf Diät gesetzt

■ Kampagne erfolgreich: Das DGB-Arbeitslosenzentrum muss schließen. Der ehemalige Sozialpädagoge des Vereins zeigt sich verärgert über die Vorwürfe

Der DGB-nahe „Verein zur Betreuung der Arbeitslosen und -selbsthifegruppen“ steht womöglich vor dem Aus – und die Erwerbslosen bald am Besenbinderhof vor der Tür. Nach der Medienkampagne wegen angeblichen Subventionsbetrug gegen den Verein und dessen Vorsitzenden und DGB-Chef Erhard Pummm, hat die Sozialbehörde angekündigt, die Zuwendungen „bis auf weiteres“ einzustellen. Die 20 ABM-Kräfte sollen Ende des Monats in andere „Maßnahmen integriert“ werden. Mit dieser Entscheidung glaubt Sozialsenatorin und Ex-DGB-Landeschefin Karin Roth die Notbremse zu ziehen, bevor sie – eigentliches Ziel der Filz-Kampagne – in den Rücktrittsstrudel gerät.

Begründet wird die „drastische Maßnahme“ aber nicht mit Subventionsbetrug, sondern mit „nicht regelmäßigen Einnahmen“, so Sozialbehördensprecherin Ute Winkelmann-Bode, die sich aus den Bewirtungsaufträgen der Gewerkschaften ergeben. Zwar seien Einnahmen grundsätzlich erlaubt, wenn sie dem Förderungszweck nicht zuwiderlaufen, sie müssten aber mit den Behörden abgesprochen sein und offengelegt werden.

Pumm hat inzwischen zu allen strittigen Punkten schriftlich Stellung genommen. „Ich bin der Meinung, die Behörde muss überlegen, ob die Maßnahme verhältnismäßig ist, selbst wenn ein Verwaltungsakt unkorrekt war“, so Pumm. „Die letzte Prüfung aller Belege durch die Behörde war Ende 2000.“

In einem Gespräch mit der taz hamburg hat sich der Ex-Sozialpädagoge des Vereins über die Kampagne „verärgert“ geäußert. Mohammad Ali Samadi war 1996 bis 1998 im Verein tätig. Er bestreitet, als ABM-Kraft zu politischen Aktionen missbräuchlich eingesetzt worden zu sein. „Das haben wir in der Freizeit und aus Überzeugung gemacht“, sagt er. So hätten sie tatsächlich am „Jagoda“-Aktionstag vor Dienstbeginn Flugblätter vor dem Arbeitsamt verteilt. Tatsächlich seien in der Werkstatt Kohl-Masken gefertigt worden: „Wir waren froh, für die Arbeitslosen eine Beschäftigung zu haben und denen hat es Spaß gemacht.“ Der 1. Mai wurde am Wochenende vorbereitet, „ohne Überstunden aufzuschreiben“.

Samadi bestätigt, dass es öfter vorgekommen sei, dass Gewerkschaften in der Küche, die täglich billiges Essen für Erwerblose fertigt, für Sitzungen Platten und Kaffee bestellt hätten. Dafür habe der Verein dann eine Spende bekommen, „die für Material in den Werkstätten ausgegeben wurde. Das war doch ein guter Zweck.“ Auch den Vorwurf der Schwarzarbeit in einem Erholungsheim sei „Quatsch“. Man habe gelegentlich Erwerbslose für eine Woche dort hingeschickt. „Für die war es wie Urlaub, sie wurden verpflegt, dafür haben sie ein wenig Gartenarbeit gemacht,“ erinnert sich Samadi. „Die haben sie freiwillig getan.“

Der Regenbogen-Bürgerschaftsabgeordnete Norbert Hackbusch hat gefordert, die Zuwendungen nicht einzufrieren. „Mit diesem Schritt zerstört die Arbeits- und Sozialbehörde einen Teil der ohnehin spärlichen Beratungs- und Treffpunktangebote für Erwerbslose“, schimpft Hackbusch. „Leidtragende sind die Erwerbslosen.“

Kai von Appen