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Polen freut sich über Bushs Besuch

Der amerikanische Präsident stößt an der Weichsel auf ein dankbares Publikum, das die USA der EU vorzieht

WARSCHAU taz ■ „Die Amerikaner können im Falle Polens auf Zusammenarbeit und Partnerschaft zählen“, verkündete Polens Ministerpräsident Jerzy Buzek vor dem ersten Besuch des neuen US-Präsidenten Georg W. Bush in Polen. Wenn Bush heute in Warschau seine Grundsatzrede zur künftigen Europapolitik Amerikas halten wird, ist ihm der Beifall sicher. Denn im Bewusstsein der meisten Polen hat Amerika sein Versprechen aus den 90er-Jahren bereits eingelöst und Polen in die Nato aufgenommen. Die Europäische Union hingegen scheint das Land an der Weichsel nicht übermäßig zu mögen. Anders können sich viele Polen die lange Wartezeit bis zur endgültigen Aufnahme in die EU nicht erklären.

Der wichtigste Verbündete im Westen sind daher für die meisten Polen die USA. Auch die konservative Minderheitsregierung in Warschau teilt in zahlreichen politischen Fragen die Position Amerikas und nicht die der EU. So befürwortet der Justizminister Lech Kaczynski völlig offen die Wiedereinführung der Todesstrafe in Polen und bedauert, dass dies aufgrund der ablehnenden Haltung in der EU nicht möglich sei. Als vorbildhaft gilt auch die Kriminalitätsbekämpfung in den USA, die vor allem auf Abschreckung durch hohe Strafen setzt. Der Minister ist mit dieser bewusst „amerikanischen Politik“ in Polen zu einem der beliebtesten Politiker des Landes geworden.

Seit der Aufnahme Polens in die Nato sieht es das Land als seine wichtigste Aufgabe an, die östlichen Nachbarländer, Litauen und Lettland, sowie die südöstlichen, Slowakei, Rumänien und Bulgarien, und auf längere Sicht auch die Ukraine in das Nordatlantische Bündnis aufzunehmen. Die westeuropäischen Partner in der Nato konnten sich für diese Idee bislang nicht erwärmen, da sie die guten Beziehungen mit der Exweltmacht Russland nicht gefährden wollten. Da aber der russische Präsident Putin in den letzten Monaten mehrfach Signale gegeben hat, dass er unter bestimmten Bedingungen nichts gegen eine Aufnahme der baltischen Republiken in die Nato einzuwenden habe, wird dies wohl im nächsten Jahr auch geschehen. Für die Regierung Polens ist dies zweifellos ein Erfolg ihrer Sicherheitspolitik, die sie im Einvernehmen mit den USA führt.

So wird Bush im Nato-Partner Polen nicht nur auf Verständnis und Unterstützung zählen können, wenn es um das in Westeuropa umstrittene Raketenabwehrsystem der USA geht. Vielmehr wird Polen auch die Interessen Amerikas im Auge haben, wenn es endlich Mitglied der EU geworden ist. Dies versprach Ministerpräsident Jerzy Buzek am Mittwoch in einem Fernsehinterview. Die Kontakte zwischen Polen und den USA, so Jerzy Buzek, „werden das Fundament unserer künftigen Politik in der Europäischen Union bilden“.

Wenn am Montag Kanzler Schröder sich mit Buzek in Frankfurt an der Oder treffen wird, um den zehnten Jahrestag des deutsch-polnischen Freundschaftsvertrages zu feiern, wird Schröder hier sicher nachhaken: Ist an dem Vorwurf, Polen werde der EU als „Trojanisches Pferd Amerikas“ beitreten, doch etwas dran? GABRIELE LESSER

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