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Einträgliches Liebesleiden

Auf der Website mit der schönen Adresse www.liebe.de ist die Welt noch allerliebst in Ordnung. Man kann chatten und kontakten. Manchmal geht es aber schief. Ordinärer Liebeskummer ist bekanntlich schon schlimm genug, virtueller noch schlimmer.

Trotzdem sollte niemand in diesem äußersten Zustand der Verwirrung auf die Idee kommen, auf ebendieser niedlichen Website das Symbol des roten Telefons anzuklicken, in der Hoffnung, die dort versprochenen Experten könnten dem Leiden ein Ende bereiten. Natürlich können sie das nicht, sie wollen es auch gar nicht, sie wollen nur das Geld der gebrochenen Herzen. Der Link schaltet die Seite um auf den Server der Firma „Questico“, die sich – offenbar europaweit – auf das Vermitteln von selbst ernannten Experten spezialisiert hat. Die Domain „liebe.de“ ist nur der Lockvogel für das harte Geschäft, das dahinter steht. Altgediente Internetnutzer neigten schon immer dazu, alles besser besser zu wissen, die Mitglieder von Questico dagegen zeichnen sich dadurch aus, dass sie ihr Besserwissen nicht etwa kostenlos im Netz verbreiten. Selbst wenn es um die leidige Liebe online geht, wollen sie unbedingt angerufen werden. Telefonsex ist ein vergleichsweise ehrbares Handwerk. Die Questico-Experten dürfen bis zu 10 Mark pro Gesprächsminute verlangen, dazu kommen noch die Gebühren der Telekom und der Mitgliedsbeitrag zur Questico Community.

Natürlich muss es nicht immer die Liebe sein – Questico bietet teuren Rat für alles vom Auto über das Haustier bis zur Installation von Linux auf dem neuen Aldi-PC, und mit der alten, oft idealisierten freiwilligen Selbsthilfe der Netzbürger hat diese Firma nun wirklich nichts zu tun: Gegründet wurde sie von einem angeblichen „Projekteiter“ bei der Unternehmensberatung „Boston Consulting Group“ und einem ehemaligen Mitabeiter einer amerikanischen Tochter der Deutschen Bank. niklaus@taz.de

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