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Leben in der Out-of-Rights-Republik

betr.: „Fischer warnt vor Parlament“, „Berliner Grüne haben Klotz am Bein“, taz vom 20. 6. 01

Sehr geehrter Herr Fischer, ich hatte einst gehofft, mit den Grünen sei eine Partei entstanden, die sich der antimilitaristischen Gewaltfreiheit verschrieben hat. Gut, ich war jung und foolish.

Ihr Innen-Pendant und Ex-Parteifreund Schily wird bestätigen, dass Politik, das Widerspiel von Interessen, an sich schon Gewalt ist, und wir wollen doch nicht wieder Weimarer Verhältnisse haben, nicht wahr?

Man muss ja handlungsfähig bleiben, und wenn die Nato sagt, das neue Konzept von 99, nach dem Deutschland wieder Belgrad bombardieren durfte, sei nicht zustimmungspflichtig, dann ist das eben so. Und wenn Tante Scharping von der SPD sagt, man hätte die Ausweitung des Nato-Einsatzgebietes auf den gesamten Globus und notfalls ohne UN-Mandat in Washington nicht unterschrieben, sondern nur zustimmend zur Kenntnis genommen, und Herr Scholz von der CDU meint, das Ganze sei ohnehin nur ein Vollzugs-„Detail“, dann sollen wir das alles auch zustimmend zur Kenntnis nehmen, hä? Der alte Mafia-Trick: Sollen sich doch die Soldaten die Finger schmutzig machen.

Lassen Sie mich also zusammenfassen: Nur eine solche Demokratie ist wehrhaft, die sich in Außenpolitik nicht einmischt, damit eine unberechenbare Militärmaschine berechenbar bleibt, weil sie mit dem Parlament in jedem Fall rechnen kann, indem es gar nicht erst gefragt wird. Somit haben wir mit der Out-of-Area-Ermächtigung nunmehr eine Out-of-Rights-Republik und statt einer außerparlamentarischen Opposition eine außerparlamentarische Regierung. ECCO MEINEKE, Kabarettist aus München

Die Selbstermächtigung der Nato zu weltweiten Einsätzen zur „aktiven Krisenbewältigung“ ohne UN-Mandat wie auch die Neudefinition der Sicherheitsinteressen des Nato-Bündnisses (Bedrohung durch ein „breites Spektrum militärischer und nichtmilitärischer Risiken“ im „globalen Kontext“, Eingreifen bei „Unterbrechung der Zufuhr lebenswichtiger Ressourcen“ und „unkontrollierter Bewegung einer großen Zahl von Menschen“) lassen keinen Zweifel: Der Nato-Gipfel in Washington hat im April 1999 ein neues strategisches Konzept von historischer Bedeutung verabschiedet. Von grundsätzlicher Bedeutung für die BRD ist aber auch die Tatsache, dass der neuen Nato-Strategie von der SPD-Grünen-Regierung ohne öffentliche Diskussion und ohne Beteiligung des Bundestages zugestimmt wurde. In der damals moralisch und emotional geführten Diskussion um die Berechtigung des Kosovo-Einsatzes der Bundeswehr ging diese Selbstentmachtung des Parlaments und Aufgabe demokratischer Grundsätze unter. GEORG RAMMER, Karlsruhe

Die taz-Schlagzeile ist mal wieder treffend: „Berliner Grüne haben Klotz am Bein“ – wenn man sie zusammen mit der anderen Schlagzeile liest: „Fischer warnt vor Parlament“. Der „Klotz am Bein“ der Bündnisgrünen heißt nämlich nicht Sibyll. Er heißt unter anderem Joschka. Der Abschied Fischers & Co. von der grünen Politik („Ich mache deutsche Außenpolitik, nicht grüne“; „Wir sind nur Kellner, die die Suppe servieren, die andere uns einbrocken“ oder so ähnlich) hat die Grünen in eine tiefe Glaubwürdigkeitskrise gestürzt. Und dies, wie in Berlin ersichtlich, gerade auch im Osten.

Eine Chance werden die Bündnisgrünen nur haben, wenn sie sich von Fischer und Freunden emanzipieren – wofür schon erste Anzeichen sichtbar geworden sind mit der Wahl Claudia Roths und mit der Diskussion im grünen Länderrat um die amerikanischen Raketen-Schutzschirm-Pläne – und wieder zur „Alternative zu den anderen Parteien“ werden. HORST SCHIERMEYER, Zittau

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