Heimatabend ohne Globetrottel

■ Nder, Kronprinz des senegalesischen Pop, feierte im „Moments“

Woran erkennt man, ob ein afrikanischer Musiker uns hier authentische Klänge oder verwestlichte „Weltmusik“ vorsetzt? Meist reicht ein Blick ins Publikum. Zu den „Rootsnights“ im Schlachthof pilgern oft feingeistige akustische Globetrottel und es beschleicht einen der Verdacht, dass die gespielte Musik genau für sie maßgeschneidert wurde.

Im „Moments“ dagegen war es vor der Bühne fast so schwarz wie auf ihr: Das Publikum bestand mindestens zu zwei Dritteln aus jungen afrikanischen Männern, dazu kamen noch ein paar von ihren Schwestern. Bei den Einheimischen waren die Frauen eindeutig in der Mehrzahl. Kaum einer war zum andächtigen Lauschen hergekommen, die etwa 80 in Bremen ansässigen Senegalesen feierten hier eine Art Heimatabend, und dazu lieferte Nder mit seiner „Le Setsima Group“ genau die passende Musik.

Deshalb war auch die Etikette eine ganz andere: Es wurde kaum nach einem Song geklatscht, das Publikum rief der Gruppe – noch während sie spielte – zu, was es vom Stück hielt. Kaum einer stand ruhig da und hörte nur zu: man tanzte, unterhielt sich, trank viel Bier und rauchte auch das eine oder andere Kraut. Immer wieder erklomm ein ekstatischer Tänzer die Bühne und tanzte ein paar Takte lang möglichst ausgefallen direkt neben dem Sänger. Dies wirkte völlig spontan, aber interessanterweise wusste jeder, wie lange er auf der Bühne willkommen war und alle waren schnell wieder unten.

Dabei spielte die achtköpfige Band von der ersten Minute an wie entfesselt. Zwei Keyboarder, zwei Perkussionisten, Schlagzeuger, Bassist, Gitarrist und ein Bläser woben da einen zugleich hochkomplizierten und organischen Teppich aus Rhythmen, auf dem Alioune Mbaye Nder dann seine ebenfalls sehr rhythmusorientierten Gesänge setzte. Manchmal erinnerten die Rhythmen an den Reggae, dann wieder an amerikanischen Funk, doch immer hatte man den Eindruck, hier eher das Original als die Kopie zu hören.

Nder's hohe Stimme erinnert manchmal an die seines Landmannes Youssou N'Dour, und wie dieser hat auch er eine charismatische, sehr einnehmende Bühnenpräsenz. Er gilt als dessen Nachfolger, als der Kronprinz der senegalesischen Popmusik, der schon seine ersten Erfolge in Frankreich, den USA und England feierte. An Youssou N'Dours Beispiel kann man sehen, wie schnell sich dadurch auch die Musik verändert.

So unverdünnt, intensiv und echt wie hier wird Nder vielleicht nicht mehr lange singen. Jetzt ist er noch ein echter Geheimtipp, und das „Moments“ erlebte einen seiner heißesten Abende.

Wilfried Hippen