: Einen Abschluss wert
Eine Sozialpädagogik-Studentin aus Kamerun darf ihre Ausbildung in Deutschland nicht beenden ■ Von Kaija Kutter
Drei Semester, so schätzt Ruth Gwet, bräuchte sie noch, um ihr Studium der Sozialpädagogik an der Fachhochschule Saarlandstraße zu beenden. Doch die Ausländerbehörde hat sie und ihre Familie aufgefordert, das Land bis Ende Juli zu verlassen. Begründung: es bestehe die Gefahr einer Aufenthaltsverfestigung.
„Man kann meiner Studentin nicht allein auf diesen Verdacht hin das Studium verderben“, kritisiert FH-Professor Hakki Keskin. Ruth Gwet sei „sehr engagiert“ und an einem seiner Fachprojekte beteiligt. Der Fachbereich werde einen öffentlichen Brief an Innensenator Olaf Scholz und Wissenschaftssenatorin Krista Sager schreiben. „Es muss hier aus humanitären Gründen eine Ausnahme geben.“
Die Probleme mit der Aufenthaltsverlängerung habe sie bereits seit Februar 2000, berichtet Ruth Gwet. „Die haben gesagt, normalerweise könntest Du hier bleiben. Aber es geht nicht, weil du verheiratet bist und dein Mann dann auch hier bleibt.“ Dieser hat sein Volkswirtschaftstudium bereits beendet. „Ich bin aber nicht als Hausfrau hierher gekommen, sondern um zu studieren“, beharrt Ruth Gwet.
Gwet, die ihr Studium-Visum sorgfältig in ihren Unterlagen aufbewahrt hat – ihr Vater musste extra für ihren Unterhalt bürgen – wurde zum Verhängnis, was auch viele deutsche Frauen an schnellen Studienabschlüssen hindert und zu so genannten gebrochenen Biografien führt. 1991, noch während ihres Sprachkurses und nur wenige Monate nach Einreise in die BRD, wurde sie schwanger. Die junge Frau machte eine Babypause von einem Jahr und begann dann ihre Ausbildung an der Altonaer Erzieherfachschule. Im April 1995 kam zur Tochter ein Sohn dazu. Nach kurzer Pause schloss Gwet die Ausbildung ab und begann im darauffolgenden Semester ihr Studium an der Fachhochschule. Für Sozialpädagogen eine durchaus übliche Reihenfolge. „Ich möchte gerne meine Ausbildung beenden und dann zurück nach Kamerum“, sagt die 33-Jährige. Mit Abschluss habe sie dort die Chance, als Grundschulpädagogin zu arbeiten.
Doch der Fall scheint ziemlich aussichtslos, da selbst der Petitionsausschuss der Bürgerschaft bereits eine Verlängerung des Aufenthalts der Familie ablehnte. Es sei nun mal leider im Paragraf 28 des Ausländergesetzes vorgeschrieben, dass die Studienzeit „zehn Jahre nicht überschreiten darf“, erklärt der GAL-Abgeordnete Mahmut Erden, der aus „Gründen der Koalitionsdisziplin“ mit der SPD gegen die Petition stimmte. Eine Anrechnung von Kindererziehungszeiten gebe es bei dieser Regelung, die erst 1997 eingeführt wurde und vorher noch rigider gewesen sei, „leider nicht“. Der Petitionausschuss sei aber, so Erdem, der Familie schon entgegen gekommen. „Wir hatten den Fall schon mal verschoben, damit die Frau wenigs-tens ihre Zwischenprüfung machen kann.“
Doch damit allein, so Ruth Gwet, könne sie in ihrer Heimat wenig anfangen. Auch Dritte-Welt-Länder legen Wert auf Abschlüsse.
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