Schulden tilgen oder Straßen bauen

Die neue Lkw-Maut sollte die Brummimassen auf Deutschlands Straßen eindämmen. Doch dieses Ziel scheint inzwischen zweitrangig: Ressortchef Kurt Bodewig streitet mit Finanzminister Hans Eichel über die Verwendung der Einnahmen

von KATHARINA KOUFEN

Die neue Lastwagenmaut kommt am 1. Januar 2003. Das ist seit langem geplant und wird nun in einem Referentenentwurf aus dem Verkehrsministerium bestätigt, der der taz vorliegt. Doch wer über die Einnahmen verfügen darf, darüber streiten Verkehrsminister Kurt Bodewig und Finanzminister Hans Eichel noch. Der Verkehrsminister sähe gern einen möglichst großen Teil der Lkw-Gebühren als Aufstockung seines Haushalts. Der Finanzminister hingegen möchte möglichst viel in die Schuldentilgung stecken oder für eventuelle Haushaltslöcher zur Verfügung haben.

Das Verkehrsministerium plädiert daher für eine unabhängige Infrastruktur-Gesellschaft. Dort flössen die Mauteinnahmen hin, von dort flössen Investitionsmittel für Verkehrsprojekte hinaus. Zweckgebunden. Der Finanzminister hätte keinen Zugriff. Ob Bodewig sich durchsetzen kann, wird sich im August zeigen, wenn der Entwurf dem Kabinett vorgelegt werden soll. Die Summe, auf die sich die Begehrlichkeiten richten: 1 bis 2 Milliarden Mark.

Insgesamt soll die Lkw-Gebühr dem Bund 4 bis 5 Milliarden Mark in die Kasse spülen. Doch zwei Drittel davon sind schon verplant: 600 Millionen Mark wird die Satellitentechnik kosten, mit der die Lastwagenstrecken registriert werden. Zwischen 800 Millionen und 1,5 Milliarden Mark erhält Eichel als Kompensation für die Einnahmen aus der bisher gültigen Maut, die direkt dem Haushalt zugeschlagen wurde. Eineinhalb Milliarden jährlich sollen in das noch von Exminister Reinhard Klimmt angekündigte Anti-Stau-Programm fließen. Davon ist die Hälfte für den Ausbau und Erhalt von Autobahnen und Bundesstraßen gedacht, 38 Prozent sind für die Sanierung des Schienennetzes der Bahn und 12 Prozent für Wasserstraßen vorgesehen.

Allerdings stößt diese Aufteilung bei einigen Ländern auf Kritik. Vor allem Bayern und Baden-Württemberg hätten lieber mehr Geld für den Straßenbau zur Verfügung, heißt es aus Insiderkreisen. Zumindest für die Grünen stehe hingegen die „Fifty-fifty-Regelung“ fest, bekräftigte deren verkehrspolitischer Sprecher Albert Schmidt gestern gegenüber der taz. „Auch was über das Anti-Stau-Programm hinaus in Infrastruktur gesteckt wird, soll nach diesem Schlüssel verteilt werden.“

Die Maut soll für Lastwagen ab 12 Tonnen Gewicht auf allen deutschen Autobahnen gelten. Es sind jedoch Ausnahmen eingeplant: Die A 5 und die A 6 im deutsch-schweizerischen und im deutsch-französischen Grenzbereich dürfen weiterhin umsonst befahren werden. Sonst würden zu viele Brummifahrer auf andere Autobahnen ausweichen, fürchten die Nachbarländer. Aus dem gleichen Grund, der Angst vor „nicht vertretbaren Verkehrsverlagerungen“, soll die Maut auch auf einigen deutschen Bundesstraßen eingeführt werden.

Die Höhe der Lkw-Gebühr richtet sich laut Entwurf nach „Anzahl der Achsen des Fahrzeuges, nach der Schadstoffemissionsklasse“ – und nach der zurückgelegten Strecke. Das ist neu: Die bislang gültige Eurovignette ist eine Pauschalabgabe, die für ein Jahr erhoben wird. Pro Kilometer macht das bisher etwa 2 Pfennig aus, ab 2003 sollen es im Durchschnitt 25 Pfennig sein. Mit der Einführung einer streckenbezogenen Maut soll hingegen ein Anreiz geschaffen werden, weniger zu fahren und Lastwagen nicht halb leer auf Tour zu schicken. Und vorsichtig heißt es in dem Referentenentwurf: Das „kann auch zur Verlagerung von Gütertransporten auf die Verkehrsträger Schiene und Schiff beitragen“.