: Ein kleines Land feiert sich
Mit einem Festakt begeht Slowenien den 10. Jahrestag der Unabhängigkeit. Das Land ist in der Normalität angekommen. Auch Kanzler Schröder darf loben
LJUBLJANA taz ■ Als vor zehn Jahren auf dem Platz der Republik in Ljubljana, genau am Abend des 25. Juni 1991, die Unabhängigkeit der damaligen jugoslawischen Republik Slowenien ausgerufen wurde, war nur wenig Polizei zu sehen. Das Volk kam schweigend zu dem Ereignis, mit dem der Krieg im ehemaligen Jugoslawien begann. Niemand wusste damals, wie die jugoslawische Volksarmee und die Politiker in Belgrad reagieren würden. Die Bevölkerung stand fest hinter Milan Kućan, dem Präsidenten. Und hatte Glück. Nach zehn Tagen war der Krieg hier vorbei.
Bei den Feierlichkeiten zum 10. Jahrestag der Unabhängigkeitserklärung ist Milan Kućan immer noch Präsident. Auch dass die Feier auf dem gleichen Platz, auf dem Platz der Republik, stattfand, stellt eine Parallelle dar. Aber sonst erinnerte nichts mehr an die Stimmung von früher. Der Platz war weiträumig gesperrt, geladene Gäste wie Bundeskanzler Gerhard Schröder, Exaußenminister Hans-Dietrich Genscher und die Botschafter aller akkreditierten Staaten durften dabei sein. Das Volk saß vor den Fernsehapparaten.
Slowenien ist in diesen zehn Jahren zu einem normalen Staat geworden. Und die Feierlichkeiten symbolisierten dies auch mit der Ehrengarde der Armee, dem Polizeiorchester und dem Kulturprogramm. Das Orchester der Staatsoper begleitete die Tänzer des Balletts. Auch die Poeten fehlten nicht, die zu klassischer Musik ihre Werke vortrugen.
Als Milan Kućan, der schlohweiß gewordene Exkommunist und direkt gewählter Präsident, an das Rednerpult trat, lohnte es sich trotzdem zuzuhören. Denn er beschrieb nochmals den Weg, den Slowenien eingeschlagen hat, erinnerte daran, wie in den entscheidenden Tagen über die Parteigrenzen hinweg geschlossen gehandelt wurde. Das Land mit seinen zwei Millionen Einwohnern sei ein „etablierter und respektierter Staat“, erklärte er, und auf dem Sprung in die Europäische Union und die Nato. Dankbar sei man denen, die Slowenien beigestanden hätten.
Damit war vor allem einer gemeint: Hans Dietrich-Genscher, der angetan und aufmerksam den Reden lauschte. Nach wie vor gilt er in Slowenien und Kroatien als der Mann, der die Unabhängigkeit beider Staaten international abgesichert hat. Das neue und demokratische Deutschland habe bewiesen, dass es es mit der Demokratie und der Menschlichkeit ernst meine, sagte Kućan. Und erhielt viel Beifall dafür, auch von den älteren Leuten, die den Terror der Nazizeit noch gut im Gedächtnis haben.
Noch Ende der Achtzigerjahre waren Deutsche in Slowenien nicht gerne gesehen, die kommunistische Propaganda warnte vor Germanisierung und dem Einfluss aus dem Norden. Die damals herrschenden antislowenischen Stimmungen in Kärnten und in der Steiermark, wo es noch slowenische Minderheiten gibt, bestärkten diese Haltung.
Erst die Position Deutschlands im Konflikt mit den serbischen Nationalisten und Slobodan Milošević führte zu einem dramatischen Paradigmenwechsel. Und dass Deutschland heute zu den wichtigsten Befürwortern der Osterweiterung der EU und auch der Nato gehört, wird hier dankbar wahrgenommen. Dass Bundeskanzler Gerhard Schröder als einziger Gastredner auftreten durfte, sollte die neue Rolle Deutschlands unterstreichen. Der gratulierte Slowenien zu den erfolgreichen Wirtschaftsreformen. Slowenien sei das Land, das viele der Auflagen für einen EU-Beitritt schon erfüllt habe, erklärte Schröder. Schon 2004 soll Slowenien an den Europawahlen teilnehmen. „Slowenien wird zu den ersten neuen Mitgliedern gehören, wenn Ihre großartigen Anstrengungen anhalten. Hieran habe ich keinen Zweifel“, sagte Schröder. ERICH RATHFELDER
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen