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It's Showtime

■ Rocko Schamoni im Zelt

Gäbe es den Begriff noch nicht, für Rocko Schamoni müsste er glatt erfunden werden: edutainment. Denn, ob als Schauspieler, Autor oder Sänger, wie kaum ein anderer versteht der früher „King“ geheißene Schamoni es, eine gelungene Mischung aus Bewusstseins- Bildung und Unterhaltung zu bereiten.

So gab er an der Seite Schorsch Kameruns in Henna Peschels tra-shig-dilettantischen Rollo, Aller!-Hamburg-Berlin-Roadtrips zwar vordergründig den Komiker. Seine Gesangseinlagen und anarchischen Aktionen ließen indes durchblick-en, dass es Film und Protagonisten ebenso um Freiheitssuche und um Alternativen zum System geht.

Von Spaß und Subversion erzählte auch seine im letzten Jahr veröffentlichte Autobiografie Risiko des Ruhms, die frei erfunden und gerne mal klamaukhaft Schamonis Leben zwischen Erfolg und Aufbegehren, Szene und Peinlichkeiten wiedergibt. Und dann ist da natürlich der Bandleader Schamoni. Dessen letztes und bisher bestes Album Showtime zeigte ihn und die Band seine Eltern in Höchstform. Mit der Soulnummer „Der Mond“, mit Damenchor und Bläsern, besingt er lakonisch den Weltuntergang. In seiner Neu-Interpretation des Wax'schen 80er-Jahre-Hits „Building a Bridge to your Heart“ rät Schamoni: „Wehre dich gegen den Staat!“. Und mit dem punk-rockigen „Neue Generation“ macht er Lust auf eine neue Opposition gegen die ehemalige Opposition. „Jedes Stück ist“, um Jan Müller von Tocotronic zu zitieren, „super. Die meisten sind sogar duper.“ Recht hat er. Da wundert's nicht, dass sich von Smudo über Jochen Distelmeyer bis hin zu Campino Musiker wirklich jeglicher Couleur auf Schamoni einigen können. In Zeiten der viel beschworenen Diktatur der Angepassten tut es eben einfach gut, eine Stimme der Dissidenz, ja nachgerade der Vernunft, zu vernehmen.

Nun ist diese Stimme wieder live zu hören. Bei den diesjährigen Zelttheaterwochen wird Schamoni zum einen Auszüge aus Risiko des Ruhms zum Besten geben. Zum anderen – und vor allem – wird er singen. Mit dabei hat er seine Eltern. Zum Abschlusskonzert der aktuellen Tour durch die Republik kommt die Band nach Hamburg, wo sie in großer Besetzung inklusive Bläser-Sektion und hoffentlich gut eingespielt zum Tanz bittet. Das Publikum darf sich also freuen auf Schamoni, den „Edutainer“, der aus Agitprop Agitpop macht, auf „Protestschlager zum Mitsingen“ und auf eine Band, die Soul für die Beine und Punk für die Herzen spielt. It's showtime.

Gerd Bauder

Sonnabend, 20 Uhr, Zelttheaterfestival, Schanzenpark

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