standbild: Die Soap, die keine sein darf
Broadway Bruchsal (Di.–Do., 21.00 Uhr, Südwest)
Eine Doku-Soap, sagen die Macher vom SWR, soll es nicht sein. Eine klassische TV-Dokumentation ist es auch nicht. Aber was ist es dann?
Die Ausgangsidee jedenfalls passt: „Broadway Bruchsal“ bringt uns in fünf Folgen die Badische Landesbühne zu Bruchsal näher, ein Miniensemble aus 16 Personen plus Kleinbus, das neben dem eigenen Haus etliche Provinzbühnen bespielt, vom Kinder- und Jugendtheater bis zum Musical.
Im Ensemble, so viel verriet schon die erste Folge am gestrigen Montag, kracht’s: Antje will weg, weil Yvonne, die Neue, plötzlich die Hauptrollen kriegt, Michael kann nie seinen Text, hat mit Frauen Probleme und baut deshalb Bumerangs, Intendant Carsten Ramm kommt täglich im Wolljackett, und sein Marketingguru Herr Klink immer im Dreiteiler, und nach der Arbeit geht’s zum Griechen.
Also reichlich Stoff und Atmosphäre für eine Doku-Soap, die Darsteller taugen als Charaktere, das Autorenteam ist erstklassig: Dominik Wesseleys glänzendes Staubsaugervertreter-Epos „Die Blume der Hausfrau“ war eben noch mal bei Arte zu besichtigen, Marcus Vetter hat für seine Story über Börsenboom und -niedergang des Medienunternehmens EM.TV („Wo das Geld wächst“) im März seinen zweiten Grimme-Preis abgeholt.
Trotzdem scheitert das „Sommer-Highlight“ (Eigenwerbung) aus dem Südwesten, weil es sich nicht auf den Soap-Zugang einlassen will und stattdessen immer wieder auf die reine Doku-Lehre setzt. „Broadway Bruchsal“ gerät so zum Genrezwitter, der zwischen Charakteren und Handlungssträngen hin und her springt. Ab und zu leitet schwer Doku-Soap-verdächtige ironische Moderation durch die Handlung, doch häufiger müssen wir den Zusammenhängen allein (und oft ergebnislos) hinterherrätseln.
Wenn die Autoren hier Unmittelbarkeit und das Gefühl von „Gleich passiert’s“ aufbauen, folgt dort unrettbar verständnisvolle Reflexion, die alles wieder zunichte macht. Die „liebevoll-ironische Alltagsbeobachtung“ (SWR-Pressetext) muss so scheitern. Denn die Doku-Soap als solche ist böse. (5. Folge Sa., 21.50 Uhr) STEFFEN GRIMBERG
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen