Filmstarts à la carte
: Helden mit Handicap

Verdienstvolles präsentiert das Filmkunsthaus Babylon im großen Saal: Westernklassiker. Da dürfen natürlich die Stadtwestern von Howard Hawks nicht fehlen, in denen der überlebensgroße John Wayne der Gerechtigkeit mit nicht immer ganz feinen Mitteln zum Sieg verhilft. Der Legende nach ging die Geschichte von „Rio Bravo“ (1959) auf Hawks Ärger über „High Noon“ (1952) zurück: In Fred Zinnemanns Klassiker bittet ein von Banditen bedrohter Sheriff die Bürger seines Städtchens vergeblich um Hilfe - und wird am Ende doch allein mit den Halunken fertig. Das feinsinnige Rauhbein Hawks gab mit „Rio Bravo“ seine Antwort und stellte dem Sheriff John T. Chance (John Wayne) bei der Verteidigung des Gefängnisses gegen angreifende Halunken einen Säufer, einen Krüppel und ein Greenhorn als Gehilfen zur Seite. In Hawks Stadtwestern gibt es keine weiten Landschaften, keine Indianer, keine Pioniertaten. Sondern: einen Saloon und einen Knast und die staubige Straße dazwischen - bevölkert von Professionals, die wieder einmal tun müssen, was getan werden muss. „Rio Bravo“ ist ein Film über große Freundschaften und Bewährungsproben, die das Leben verändern können - und natürlich über die seltsam zurückhaltende Beziehung des mythischen Helden zu den Frauen. Es braucht nämlich ziemlich lange, bis der verklemmte Sheriff seine Chance bei Feathers (Angie Dickinson) erkennt, die mit allem spielt, nur mit der Liebe nicht. Die Helden mit Handicap gefielen Hawks dann übrigens so gut, dass er die gleiche Story in „El Dorado“ (1966) - leicht variiert - gleich noch einmal erzählte.

“Rio Bravo“ 10.7.-11.7.; „El Dorado“ 9.7.-10.7. im Filmkunsthaus Babylon 1

Wen die Wiederaufführung von Jean-Luc Godards „Außer Atem“ neugierig auf die Hauptdarstellerin Jean Seberg gemacht hat, der mag sich von Donatello und Fosco Dubini in ihrer Dokumentation „Jean Seberg - American Actress“ (1995) aus dem ereignisreichen und nicht immer erfreulich verlaufenen Leben der Aktrice erzählen lassen. Seltsam war das schon: Gerade als die Amerikaner zum Ende der 50er Jahre pralle europäische Weiblichkeit à la Sophia Loren nach Hollywood importierten, entwickelte sich die fragile, kurzhaarige Jean Seberg auf dem alten Kontinent zum Idealtypus eines neuen modernen Frauenbilds. Dank ihrer Rolle in „Bonjour Tristesse“ war Seberg bei den französischen Regisseuren der Nouvelle Vague, die den Regisseur Otto Preminger grenzenlos verehrten, zum Objekt der cinephilen Begierde geworden. Doch nach dem erfolgreichen Start ihrer europäischen Karriere mit „Außer Atem“ plätscherte Sebergs Karriere in der Folge enttäuschend vor sich hin. Während die Filmkarriere langsam im Sand verlief, bekam Seberg in den siebziger Jahren auch privat massive Sorgen. In drei Ehen wurde sie nicht glücklich, und ihre aktive Unterstützung der revolutionären Black Panther Bewegung ließ sie zur Zielscheibe des FBI werden: Überwachung und Verleumdungen zerrten an ihren Nerven: Verfolgungswahn, Depressionen und Alkoholkonsum waren die Folgen. 1979 wurde Jean Seberg tot in ihrem Auto aufgefunden, die Umstände ihres Todes sind bis heute rätselhaft. Die Dubinis haben viele alte Freunde der Schauspielerin interviewt und lassen sich dabei vor allem immer wieder Fotos zeigen, die irgendwie prophetisch wirken: klein, zerbrechlich und ganz verloren sieht Jean Seberg darauf aus.

“Jean Seberg - American Actress“ (OmU) 5.7.-11.7. im Blow Up 2

In „Der Tod in diesem Garten“, präsentiert Luis Buñuel die wohl opportunistischsten Figuren, die je einen Abenteuerfilm bevölkert haben: einen hartgesottenen Abenteurer, eine geldgierige Prostituierte mit ihrem verkommenen Zuhälter, einen Diamantenschürfer mit seiner taubstummen Tochter und einen heuchlerischen Priester (Michel Piccoli). Buñuels spannende Studie menschlichen Verhaltens gibt sich durch und durch pessimistisch: Zwar werden die Charaktere um so menschlicher, je weiter sie sich auf der Flucht durch den Dschungel von der Zivilisation entfernen - doch als die Rettung naht, fallen alle wieder in ihre alten Verhaltensmuster zurück.

“Der Tod in diesem Garten“ 9.7., 11.7. im Filmkunsthaus Babylon 1

Lars Penning