: Pferdeäpfel zu Mozartkugeln
■ „Besucherring Otto Kasten“ geht fremd: Er präsentiert die „Zauberflöte“ open air
„Wenn die Busse aus dem Umland ins Theater kommen, kriegen Sie Tränen in die Augen“, sagt der Vorsitzende des bundesweiten „Besucherring Dr. Otto Kasten“, Peter Kasten, gerne zu seiner Mitarbeiterin Sylvia Dierke. „Und das stimmt“, bestätigt die Leiterin der Bremer Geschäftsstelle. Obwohl der Ring nach seinem Start in Lübeck seit fünfzig Jahren in über zwanzig Theatern aktiv ist, gibt es ihn im Bremer Theater erst seit drei Jahren. Der Intendant Klaus Pierwoß hatte die Kastens damals ins Haus geholt.
Der Besucherring will Menschen vom Land ins Theater bringen. „Aber es ist uns wichtig, nicht nur Menge zu erreichen und Karten zu verkaufen, sondern Qualität zu vermitteln“, betont Sylvia Dierke. Da der Besucherring natürlich weitgehend von den verkauften Karten lebt, muss er erfolgsorientiert arbeiten. Das heißt, dass die Leute wiederkommen sollen, dass sie Vertrauen haben, dass es sich um eine gute Aufführung handelt. „Und da wir unsere Klientel kennen, raten wir auch schon mal von einer Aufführung ab“, sagt Dierke.
Bundesweit hat der Besucherring von 1949 bis 1998 über 25 Millionen Menschen erreicht, für Bremen kann Sylvia Dierke noch keine Zahlen nennen, aber „für das Weihnachtsmärchen kommen manchmal alle kleinen ZuschauerInnen von uns“. Und es gibt über die Dr. Otto Kasten Stiftung einen mit 10.000 Mark dotierten Förderpreis, den 1993 der in Bremen gut bekannte Regisseur Christof Loy erhalten hat.
Da im Sommer etwas weniger zu tun ist, organisiert der Bremer Besucherring jetzt das Gastspiel der „Zauberflöte“ von Wolfgang Amadeus Mozart auf der Galopprennbahn. Wortgewaltig in Ton und Menge präsentiert der Geschäftsführer Lothar Fritsch von „Loreley Klassik“ die Produktion, in der er selbst auch den Sarastro singt – 1.100 Mal hat er die Rolle gesungen. „Wir verstehen uns keinesfalls als Tourneetheater. Wir machen die Produktionen für die Loreleyfestspiele und gehen dann auf Tournee, um die Kosten besser zu decken.“
Es wird ausschließlich open air gespielt, in diesem Jahr „Zauberflöte“ und „Nabucco“ von Verdi, im nächsten Wagners „Rheingold“ – „am Originalschauplatz“, betont Fritsch. Wahnsinn! Die GmbH „Loreley Klassik“ gibt es seit fünf Jahren.
Ohne Subventionen kann man natürlich auch mit Tourneen nicht kostendeckend arbeiten, wie geht das also? „Alles ein bisschen familiär und Beziehungen“, sagt Fritsch, „so haben wir dieses Jahr die Kostüme aus Mailand bekommen, die Sänger bekommen nicht die üblichen Honorare, die kennen mich.“ Wichtig ist für Fritsch, dass allererste SängerInnen singen und dass mit dem Papageno der Bayreuther Telramund dabei ist, „das ist schon eine kleine Sensation“.
Günther Roth inszeniert. Seine Einstudierungen in Essen und Gelsenkirchen wurden bundesweit beachtet. Zuletzt war er Intendant am Staatstheater Hannover. Der Dirigent Helge Dorsch ist seit 2000 Chefdirigent der Lyric Opera in New Jersey. Das Orchester setzt sich zusammen aus den Sinfonieorchestern Bupapest und Szeged.
„Wir wollen“, sagt Fritsch, „dass wieder mehr und vor allem andere Menschen ins Theater gehen: Picknickkörbe dürfen mitgebracht werden.“ Prima, und wie steht's mit der Akustik bei 3.000 Plätzen? „Das ist heikel“, gibt er zu, „aber ich habe einen fabelhaften Tontechiker. Es wird kein Problem sein“.
Ute Schalz-Laurenze
Karten für alle genannten Konzerte werden über CTS-Eventim vertrieben. Am besten ruft man beim Besucherring an und bekommt sie zugeschickt: Tel. und Fax 36 53 345.
Die Zauberflöte“ ertönt am 21. Juli um 20.30 Uhr (Einlass ab 20 Uhr) auf der Galopprennbahn.
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