unterm strich
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Knapp ein Jahr nach dem Abriss der „documenta“-Treppe in Kassel ist der Zivilstreit um das Kunstwerk offiziell beigelegt. Nach der gütlichen Einigung zwischen der Stadt und dem Entwerfer der Treppe, Gustav Lange, habe das Oberlandesgericht Frankfurt das Verfahren beendet und den der Stadt auferlegten Ordnungsgeldbeschluss von 400.000 Mark aufgehoben, teilte die Stadt am Dienstag mit. Noch offen ist jedoch, ob es zu einem Strafprozess kommt. Die Staatsanwaltschaft hatte gegen den Kasseler Oberbürgermeister Georg Lewandowski (CDU) und zwei Dezernenten Anklage wegen schwerer Untreue erhoben. Die Staatsanwaltschaft wirft ihnen vor, den Abriss der Treppe entgegen einer einstweiligen Verfügung veranlasst zu haben. Damit hätten sie wegen der drohenden Ordnungsstrafe städtisches Vermögen in Gefahr gebracht. Obwohl das Ordnungsgeld vom Tisch ist, drohen den dreien im Falle eines Prozesses sechs Monate Freiheitsstrafe. Jippie: Saubermänner im Knast!

Die Stadt hatte die Holztreppe auf dem zentralen Königsplatz in einer Nacht-und-Nebel-Aktion am 27. August vorigen Jahres abgerissen, nachdem ein Landgerichtsurteil prinzipiell grünes Licht gegeben hatte. Allerdings hatte die Stadt die Rechtskraft des Urteils nicht abgewartet und eine noch nicht aufgehobene einstweilige Verfügung gegen den Abriss übergangen. Die Treppe, die auf einer Aussichtsplattform endete, war 1992 zur Umgestaltung des Königsplatzes auf Wunsch der Stadt gebaut worden. Wachsender Widerstand einiger Kasseler gegen das Bauwerk führte bald zu Abrissplänen. Nur unter Berufung auf sein Urheberrecht als Künstler konnte Lange die Beseitigung der 1,1 Millionen Mark teuren Treppe jahrelang verhindern.