: Das Handykartell
Razzia bei der Telekom: Brüssel vermutet illegale Preisabsprachen bei Handygesprächen ins Ausland
BERLIN taz ■ Pünktlich zur Sommerreisesaison kämpft EU-Wettbewerbskommissar Mario Monti für die Urlauber. Besonders für jene, die auch an der Côte d’Azur auf ihr Handy nicht verzichten wollen. Die Rechnungen für mobile Auslandsgespräche sind der Brüsseler Behörde zufolge entschieden zu hoch.
Mitte der Woche bekamen deshalb die großen europäischen Telekommunikationsunternehmen, darunter auch die Deutsche Telekom AG, Besuch von Montis Leuten, Beamten des Bundeskartellamtes und der Kriminalpolizei. Der Wettbewerbskommissar verdächtigt die Telekom-Betriebe, durch illegale Absprachen die Preise künstlich hoch zu halten.
Die Unterschiede zwischen mobilen Telefonaten im Inland und im Ausland sind frappierend. Bei T-Mobil, der Handytochter der Deutschen Telekom, liegt die Spanne zwischen 15 und 99 Pfennig pro Minute, wenn man vom deutschen Handy einen inländischen Festanschluss anruft. Wird der Handybenutzer selbst angerufen, kostet ihn das nichts. Wer dagegen per T-Mobil-Vertrag aus dem Urlaub in Frankreich nach Deutschland telefoniert, zahlt zwischen 1,47 und 2,49 Mark. Klingelt das T-D 1-Handy des Reisenden in Biarritz und seine Oma aus Wanne-Eickel ist dran, kostet ihn das immerhin noch 1,30 Mark pro Minute.
T-Mobil-Sprecher Philipp Schindera begründet die Preisdifferenz mit den Kosten des sogenannten „Roamings“, der Weiterleitung der Gespräche aus dem deutschen ins französische Netz. Für den Telefonverkehr mit dem Ausland seien zum Beispiel spezielle Netzknoten notwendig, so Schindera. France Telekom stellt T-Mobil deshalb rund eine Mark pro Minute in Rechnung, T-Mobil verlangt von ausländischen Betreibern bis zu 1,98 Mark.
Durch Montis Razzia gerät ein Bereich des Telekom-Geschäftes unter Druck, in dem die Firmen bislang relativ ungehindert Rendite erwirtschaften konnten. In anderen Bereichen gibt es erhebliche Probleme: So hat der Wettbewerb unter den Anbietern die Gewinnmargen bei den normalen Telefontarifen reduziert. Milliardenschwere Belastungen kommen unter anderem auf die Telekom AG durch den bevorstehenden Aufbau des neuen UMTS-Handynetzes zu. Den Verdacht, die Telekom wolle sich für entgangene Gewinne bei Auslandsgesprächen schadlos halten, weist Sprecher Philipp Schindera als „absurd“ ab.
Die Kartellwächter sammeln noch Beweise. Ob ein Verfahren folgt, ist offen. HANNES KOCH
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