Müllkosten entsorgen

Mieter- und Vermieterverbände befürchten Kostensteigerung durch neues Müllkonzept. Vor einer Entscheidung soll die Öffentlichkeit gehört werden

Ein vom rot-grünen Sommersenat geplantes Müllbeseitigungskonzept stößt auf heftige Kritik bei Mieter- und Vermieterverbänden. Das „Aktionsbündnis zur Betriebskostensenkung“, in dem sich der Berliner Mieterverein, Vermieterbund und der Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen zusammengeschlossen haben, warnt vor erheblichen Preissteigerungen und fordert vor einem Beschluss eine Beteiligung am laufenden Verfahren.

Eine Million Tonnen Hausmüll fallen jährlich in Berlin an. Bislang entsorgen den die Berliner Stadtreinigungsbetriebe (BSR). Erst im vergangenen Jahr wurde die Müllabfuhr vom damaligen Senat für 15 weitere Jahre an den städtischen Monopolisten vergeben. Das Aktionsbündnis fordert dagegen, private Wettbewerber auf Dauer an der Abfallentsorgung zu beteiligen, um so eine Senkung der Entsorgungskosten zu erreichen.

Auch neueste Vorgaben der EU sehen eine schrittweise Privatisierung der Abfallentsorgung vor. Zahlreiche Gemeinden in Deutschland haben den Müllmarkt bereits für private Bewerber geöffnet. Nicht so Berlin mit seinem Monopol. Die Grünen reagierten deshalb auf die Entscheidung im vergangenen Jahr mit einer Verfassungsklage.

Das Aktionsbündnis kritisiert aber nicht nur das Monopol. „Uns stört vor allem die mangelnde Beteiligung der Öffentlichkeit“, sagte Hartmann Vetter vom Mieterverein gestern. Die Entscheidung über das neue Müllkonzept müsse deshalb vom Abgeordnetenhaus getroffen werden, nicht vom Senat allein. In die Entscheidung vor einem Jahr waren die Abgeordneten nicht miteinbezogen worden. Dieter Blümmel vom Verbieterbund sprach von „Nacht- und Nebelaktionen“.

Claus Guggenberger, Sprecher von Wirtschaftssenatorin Juliane von Friesen (parteilos), die für die Müllbeseitigung zuständig ist, bestätigte gestern, dass das neue Konzept schon in der kommenden Woche Thema im Senat sein könne. Offen ist, wie der Senat sich entscheiden wird.

Noch im Juni hatte die BSR die Verbrennung von jährlich 400.000 Tonnen Abfall in Ruhleben vorgeschlagen. Als die Grünen in den neuen Senat einzogen, schwenkte die BSR um. Laut Blümmel orientiert sich die BSR nun an einem Konzept des Konkurrenten Alba und setzt stärker auf Müllverwertung. Alba kritisiert nun, die Verwirklichung des neuen BSR-Konzepts koste die Berliner jährlich 55 Millionen Mark mehr Müllgebühren – das wären pro Haushalt jedes Jahr etwa 30 Mark. Einen solchen Preisanstieg will das Aktionsbündnis verhindern. Deshalb fordert Blümmel ausreichend Zeit zum Durchrechnen und -diskutieren der Modelle.

Wer unabhängig von Senatsentscheidungen sparen will, dem empfehlen die Interessenvertreter konsequente Mülltrennung. Je mehr Wertstoffe in die gelbe Tonne wandern, desto weniger landet im teureren Restmüll. In Berlin kostet die Entsorgung eines 240-Liter-Behälters pro Quartal 189,10 Mark. Wer durch Mülltrennung nur noch 120 Liter Restmüll produziert und mehr Verpackungen in die kostenlose gelbe Tonne wirft, spart je Quartal über 60 Mark.

CHRISTIAN TERIETE