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Riesters Rentenreform ist gut – für Junge und Reiche

Studie: Ab dem Jahrgang 68 profitieren die Versicherten von der Rentenreform. Ältere zahlen drauf – und Reiche werden stärker entlastet als Ärmere

BERLIN taz ■ Allen Unkereien der Kritiker zum Trotz: Es gibt sie, die Gewinner der Rentenreform. Ab dem Jahrgang 1968 profitieren die Versicherten von Arbeitsminister Walter Riesters Umstellung des Rentensystems. Allerdings werden Reiche stärker entlastet als Arme.

Das jedenfalls errechneten die Finanzwissenschaftler Hans Fehr von der Uni Würzburg und Heinrich Jess von der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA), die gestern „Gewinner und Verlierer der aktuellen Rentenreform“ vorstellten. Ziel der Reform war, die Rentenbeiträge auf einem akzeptablen Niveau zu halten, die Rentenzahlungen aber nur moderat sinken zu lassen. Wenn immer weniger Beitragszahler immer mehr Rentner finanzieren müssen, so Riesters Befürchtung, würden die Beiträge stark ansteigen. Das triebe die Lohnnebenkosten in die Höhe, was wiederum den Arbeitsmarkt belastete.

Bei der Rechnung stellt sich heraus, dass nicht alle Befürchtungen der Reformkritiker eintreffen könnten.

Die älteren Jahrgänge (alle vor 1968 Geborenen) zahlen mit der Riester-Rente drauf – gemessen daran, was ihnen an „Lebenseinkommen“, also der Summe dessen, was sie ab 2001 netto im Portemonnaie haben, ohne Rentenreform geblieben wäre. Das war erwartbar, denn sie zahlen normale Beiträge und bekommen dennoch zu spüren, dass die Renten, die die Sozialversicherung auszahlt, sinken. Daneben bleibt ihnen eine zu kurze Zeitspanne, um noch eine nennenswerte Summe für die private Vorsorge anzusparen. Etwa ab dem Jahrgang 1968 kehrt sich die „Wohlfahrtsveränderung“ (so nennen die Wissenschaftler die Auswirkung der Reform auf die privaten Portemonnaies) um: Nun schlagen sowohl die private Vorsorge als auch die stabil gebleibenen Rentenbeiträge zu Buche. Das heißt, die Jungen bekommen zwar netto weniger Rente als mit dem alten Rentenmodell, doch sie zahlen vorher bereits eine geraume Zeit auch geringere Beiträge ein. Da die private Vorsorge mit den angenommenen 4 Prozent gut verzinst wird und relativ großzügig vom Staat unterstützt wird, bleibt ihnen unter dem Strich mehr, als wenn es keine Rentenreform gegeben hätte.

Ungerecht wirkt die Rentenreform allerdings dennoch: Denn der Staat fördert die private Vorsorge anteilsmäßig: Wer mehr privat spart, bekommt real eine höhere Förderung als jemand, der nur wenig ansparen kann. Untere Einkommensgruppen, die jährlich bis zu 30.000 Mark brutto verdienen, steigern ihr Lebenseinkommen mit Rentenreform um knapp 0,6 Prozent, wer mehr als 53.000 Mark jährlich verdient, hat 0,85 Prozent mehr Lebenseinkommen zu erwarten.

Hätte Norbert Blüm seine Rentenreform durchgesetzt, die keine private Vorsorge und ein glechmäßiges Sinken des Rentenniveaus vorsah, so wären sowohl die Belastungen für die Älteren als auch die Entlastungen für die Jüngeren geringer ausgefallen. Die Ungleichheiten zwischen Arm und Reich allerdings hätte Blüm vermieden: Von seiner Reform hätten die unteren Einkommengruppen stärker profitiert als die oberen. OES

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