piwik no script img

Makedonier blockieren Kompromiss

Mit einem Vorschlag der internationalen Vermittler, den Status des Albanischen aufzuwerten und die Staatsstrukturen zu reformieren, scheinen die Albaner leben zu können. Doch die slawischen Makedonier fürchten eine Verschärfung der Krise

von ERICH RATHFELDER

Die Umrisse einer politischen Lösung im Konflikt in Makedonien zeichnen sich ab, doch nun baut die slawische Seite Hürden für den Verhandlungsprozess auf. Nach harten Verhandlungen hatten die internationalen Vermittler einen Kompromissvorschlag ausgearbeitet, den die Unterhändler der Albaner am Dienstag absegneten. Dagegen erklärte die slawisch-makedonische Seite, die Zugeständnisse an Albaner gingen zu weit. Gestern sollten EU-Außenminister Javier Solana und Nato-Generalsekretär George Robertson in Skopje die Bedenken der makedonischen Seite ausräumen.

Wichtigster Streitpunkt bleibt der offizielle Gebrauch der albanischen Sprache. Der Vorschlag sieht vor, dass Albanisch in jenen Bezirken zweite Offizialsprache wird, in denen die Albaner 20 Prozent der Bevölkerung ausmachen. Außerdem soll Albanisch zweite Parlamentssprache und wieder an den Universitäten eingeführt werden.

Diese Regelung wird von den slawisch-makedonischen Parteien und gesellschaftlichen Institutionen wie der Orthodoxen Kirche abgelehnt, da sie im Staat Makedonien den Nationalstaat der Makedonier sehen und die Anpassung der „Minderheiten“ fordern. Verteidigungsminister Vlado Bučkovski sprach sogar davon, dass diese Regelung die Teilung des Landes einleiten und den Konflikt verschärfen könne.

In den anderen strittigen Punkten war man sich während der letzten Tage sehr nahe gekommen: so bei Fragen der lokalen Selbstverwaltung und der Dezentralisierung. In den mehrheitlich von Albanern bewohnten Regionen sollen die Albaner in der Verwaltung und der Polizei besser repräsentiert werden. Mit einer Verwaltungsreform soll auch das Steuersystem reformiert werden. Die bisherige Unlust der Albaner, Steuern zu bezahlen, hängt nach Einschätzung internationaler Organisationen damit zusammen, dass der zentralisierte Staat nur einen geringen Teil des Steueraufkommens in die Kommunen zurückleitet.

Ein Durchbruch könnte zudem bei der Frage der Parlamentsentscheidungen, die die nichtslawischen Volksgruppen betreffen, erzielt worden sein. Nach albanischen Vorstellungen soll ein Vetorecht eingeführt werden. Der Kompromissvorschlag sieht vor, dass eine Parlamentskommission gebildet wird und Gesetzesinitiativen, welche nichtslawische Volksgruppen betreffen, mit einfacher Mehrheit der nichtslawischen Parlamentsmitglieder bestätigt werden müssen.

Sprecher der beiden Albanerparteien im Parlament forderten die „Nationale Befreiungsarmee“ UÇK auf, den Kompromissvorschlag der internationalen Vermittler zu akzeptieren.

Dagegen ist die Debatte in der slawisch-makedonischen Öffentlichkeit radikalisiert. Präsident Boris Trajkovski wird weiter scharf kritisiert, owohl er in einem Telefongespräch mit US-Präsident Bush seine Bedenken gegenüber dem Kompromiss vorbrachte. Mitglieder der Regierung, die Zugeständnisse machen, werden von nationalistischer Seite unter Druck gesetzt.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen