: Der Würger von St. Georg
■ Umfrage für Scholz: HamburgerInnen wollen Dealer kotzen lassen
Der gemeine Hamburger findet Drogendealer zum Kotzen. Das ist das Ergebnis einer Meinungsumfrage im Auftrag des SPD-Landesvorsitzenden und Innensenators Olaf Scholz. Danach bejahen 72 Prozent der HamburgerInnen die Frage, ob „zur besseren Überführung von Drogen-Dealern zwangsweise Brechmittel verabreicht“ werden sollten. 23 Prozent lehnen diese Maßnahmen ab, 5 Prozent wollten sich nicht festlegen.
Das sei eine „klare Bestätigung unserer Politik“, kommentiert Scholz dieses Ergebnis. Mit Blick auf den Wahltag am 23. September hatte er am 5. Juli ein neues „Handlungskonzept St. Georg“ vorgestellt, mit dem das Viertel um den Hauptbahnhof wieder clean gemacht werden soll. Dies sieht unter anderem vor, mutmaßlichen Dealern Brechmittel einzuflößen, wenn der Verdacht besteht, dass diese Kokainkugeln zur Beweisvernichtung heruntergeschluckt haben.
Bei der jetzt vorliegenden Umfrage des Instituts Infratest Sozialforschung unter 1000 HamburgerInnen lehnen einzig Grünen-WählerInnen diese Maßnahem mehrheitlich ab: 53 Prozent antworteten mit Nein, immerhin 43 Prozent mit Ja. Bei SPD-WählerInnenstimmen 73 Prozent zu, Anhänger von FDP und CDU liegen mit 81 Prozent und 82 Prozent gleichauf, bei den hartbeinigen Schill-WählerInnen finden gar 95 Prozent Geschmack an Brechmitteln. Unter denen, die keine Parteipräferenz angaben, schwankt die Zustimmungsrate zwischen 60 und 73 Prozent.
Auffällig ist zudem, dass deutlich mehr Männern als Frauen sich für Brechmittel aussprachen (78 bzw. 67 Prozent) und die Akzeptanz mit dem Lebensalter größer wird. Findet die Verabreichung von Brechmitteln unter 18- bis 24-Jährigen lediglich eine knappe Mehrheit (51 Prozent), so steigt diese Quote kontinuierlich an bis auf glatte 80 Prozent bei den Über-60-Jährigen.
Beim Koalitionspartner GAL und auch bei etlichen SPD-Linken findet Scholz' repressiver Kurs nicht nur Beifall, die grüne Fraktionschefin Antje Möller lehnt den Einsatz von Brechmitteln ausdrücklich ab. Gerade deshalb zeigt Scholz sich „sehr zufrieden“ mit der Umfrage: „Ich freue mich über diese Rückendeckung vom weit überwiegenden Teil der Bevölkerung“. Sven-Michael Veit
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